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04.10.2023 | 02:17 | Getreidepreise 

Auf und Ab am Getreidemarkt

Schwäbisch Gmünd - Nach mehreren aufeinander folgenden Jahren mit überwiegend positiven Bilanzen waren die Welt-Getreideendbestände zum 30.06.2018 auf rund 661 Mio. t angewachsen. Seither zeigten sich drei der letzten fünf Getreidejahre deutlich defizitär.

Getreidemarkt
(c) proplanta
Insbesondere in den letzten Jahren war zu beobachten, dass die Getreidebilanz jeweils nach einer anfänglichen Überschussprognose am Ende ins Negative rutschte und zum Abschluss des Wirtschaftsjahres einen Bestandsabbau aufwies. 2022/23 startete dann sogar von Beginn an mit einem Defizit in der Bilanz.

Die Erzeugung sah das USDA bei 2.237 Mio. t (-50 Mio. t gg. Vj.). Die Endbestände zum 30.06.2023 unterschritten mit 595 Mio. t erstmals nach 7 Jahren sogar wieder die 600er Marke. Die Gründe für das schwächere Ergebnis lagen in der durch den Krieg bedingten rückläufigen Getreideproduktion in der Ukraine sowie schwächeren Ernten in der EU-27, den USA und Argentinien. Bessere Ernten in Brasilien, Kanada, Russland und Australien konnten dies nicht aufwiegen.

In seiner Septemberschätzung für 2023/24 sieht das USDA unverändert eine positive Getreidebilanz, wenngleich die Erwartungen gegenüber den Vormonaten deutlich nach unten korrigiert wurden. Einer Erzeugung von 2.284 Mio. t soll ein Verbrauch von 2.270 Mio. t gegenüberstehen. Die Bestände würden damit leicht auf 598 Mio. t steigen.

Die Entwicklungen am Getreidemarkt sind seit Beginn des Ukrainekriegs stark von den Geschehnissen am Schwarzen Meer geprägt. Der Getreideexport aus der Region war nach Vereinbarung des Getreideabkommens im Juli 2022 ordentlich angelaufen. Da die Verlängerung lange ungewiss war, beflügelte dies die Getreidekurse im Oktober 2022. Mit der weiteren Verlängerung um 120 Tage machte sich im Markt eine gewisse Entspannung bemerkbar. Günstige Exportchargen vom Schwarzen Meer über die Donau oder per Bahn nach Europa ließen die Weizenkurse unter die Marke von 300 €/t fallen.

Zuletzt wurde das Abkommen im März und am 17. Mai um jeweils 60 Tage verlängert. Inzwischen sind die Weizenkurse der Ernte 2023/24 im Bereich 230 bis 260 €/t angekommen und reagieren weiter hoch empfindlich auf das Geschehen am Schwarzen Meer, aber auch auf die Wettermärkte. Die Weigerungshaltung Russlands das Getreideabkommen erneut zu verlängern, verursacht unverändert Unruhe im weltweiten Geschehen.

Im Septemberbericht taxiert die EU-Kommission die EU-Getreideernte 2022 auf 265,3 Mio. t, der Binnenverbrauch lag bei 255,4 Mio. t. Das Ergebnis war damit das schwächste der letzten 10 Jahre. Dennoch legten die Endbestände zum 30.06.2023 auf 48,9 Mio. t zu. Grund dafür war eine außerordentliche Steigerung der Importe auf 40,0 Mio. t (Ø 5 Jahre: 27,9), bedingt v.a. durch den umfangreichen Zufluss aus der Ukraine.

Die Ernte 2023 wurde im März mit 287,9 Mio. t optimistisch eingeschätzt. Dem hat die europaweite Sommertrockenheit einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Septemberschätzung spricht nur noch von 268,5 Mio. t. Weniger Weizen (-6,0 Mio. t), weniger Mais (-5,2 Mio. t) und weniger Gerste (-5,8) gegenüber der Märzschätzung sind die wichtigsten Ursachen. Die Exporte werden mit 47,8 Mio. t auf Vorjahresniveau (47,9) gesehen.

Die Importe hingegen liegen mit 31,1 Mio. t (-8,8 Mio. t gg. Vj.) weiter unterhalb des Vorjahres, obwohl der Importbedarf um rund 5,5 Mio. t angehoben wurde. Die Endbestände werden mit 43,4 Mio. t deutlich unter Vorjahresniveau (48,9) gesehen. Damit verwandelte sich die ursprünglich hoffnungsvolle EU-Getreidebilanz binnen weniger Monaten zum zweitschwächsten Ergebnis der letzten 10 Jahre.

Die deutsche Getreideernte 2022 wurde vom Statistischen Bundesamt auf 43,48 Mio. t geschätzt. Es handelte sich dabei um die viertschwächste Ernte der letzten 10 Jahre. Nur 2018, 2020 und 2021 waren noch schwächer ausgefallen. Die Getreidefläche war 2022 mit nur 6,10 Mio. ha gegenüber dem Vorjahr um 50.000 ha ausgeweitet worden. Der Ertrag lag mit 71,3 dt/ha auf Höhe des Durchschnitts der zurückliegenden 10 Jahre (71,5).

2022 war geprägt von Trockenheit und Hitze während des gesamten Sommers, die Ernte litt an Menge und Qualität. Zwar waren die im Sommer gedroschenen Getreidearten noch mit einem „blauen Auge“ davongekommen, die Körnermaisernte fiel mit 3,84 Mio. t allerdings knapp 20 % schwächer aus als im Vorjahr. 2023 begann hoffnungsvoll, im Frühjahr fiel ausreichend Regen. Allerdings stellte die Witterung ab Ende April um, es entwickelte sich erneut eine ausgeprägte Sommertrockenheit, wobei der Süden in diesem Jahr etwas stärker betroffen war. Laut Augustschätzung des DRV soll die Ernte 2023 bei 41,90 Mio. t liegen, 3,6 % niedriger als man im Frühjahr noch gehofft hatte (Märzschätzung: 42,7).

Die Witterung kostete aber nicht nur Menge. In Sachen Qualität zeigt die Ernte 2023 ein außerordentlich differenziertes Bild. Das Getreide das vor dem Einsetzen der Regenperiode Mitte Juli eingebracht wurde, zeigt zwar leicht schwächere Proteingehalte und oft kleinere Körner gegenüber dem Vorjahr auf, diese sind aber gesund und weisen gute Backeigenschaften auf.

Getreide, das erst nach der Regenperiode gedroschen wurde, weist schwache Fallzahlen und Auswuchs auf. Oftmals lassen sich solche Partien nur noch als Futter verwerten. Eine Ausnahme macht Getreide aus den Spätdruschgebieten, das teilweise gute Mengen und ansprechende Qualitäten zustande brachte.

Der Markt für Biogetreide zeigt sich derzeit ruhig. Die Ernte 2023 fiel über alle Getreidekulturen in Menge und Qualität enttäuschend aus. Bio-Speisegetreide mit guten Qualitäten ist gesucht. Bio-Futtergetreide hingegen ist mehr als ausreichend vorhanden, da viele ursprünglich für den Speisebereich vorgesehenen Partien aufgrund mangelnder Qualität (Backfähigkeit) nun im Futterbereich angeboten werden.

In Baden-Württemberg wurde im August Brotweizen mit 54,30 €/dt, Dinkel Rohware mit 35,00 €/dt, Hafer mit 35,86 €/t und Roggen mit 44,57 €/dt frei Verarbeiter gehandelt. Futterweizen lag bei 31,00 €/dt, Triticale bei 28,00 €/dt und Mais bei 44,00 €/dt. Bei Bio-Leguminosen ist hingegen das Angebot weiterhin knapp, weshalb mit stark anziehenden Preisen gerechnet wird. Ackerbohnen erzielten im August 56,64 €/dt, Futtererbsen 53,00 €/dt, Sojabohnen vorgetrocknet 87,56 €/dt.
LEL Schwäbisch Gmünd
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