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04.10.2023 | 02:17

Auf und Ab am Getreidemarkt

Getreidemarkt
(c) proplanta

Futtergerste



Die Welt-Gerstenbilanz 2022/23 präsentierte sich laut USDA mit einer Erzeugung von 151,7 Mio. t als gut ausgeglichen. Die Bestände wuchsen um 0,9 Mio. t auf 19,2 Mio. t. In der EU wurde mit 51,5 Mio. t nur ein knapp unterdurchschnittliches Ergebnis (Ø 5 Jahre: 52,3) eingefahren. Die deutsche Gerstenernte zeigte sich dagegen mit 11,21 Mio. t etwas besser als der 5-JahresDurchschnitt (10,71).

Für 2023/24 lässt sich folgendes festhalten: Die weltweite Erntemenge an Gerste ist mit 141,9 Mio. t gegenüber dem Vorjahr deutlich rückläufig und fällt erneut schwach aus. In der EU wird die Gerstenernte laut Septemberschätzung der EU-Kommission auf nur 48,5 Mio. t taxiert. Laut Augustzahlen des DRV liegt die deutsche Gerstenernte mit 10,77 Mio. t ebenfalls unter Vorjahr (11,20).

Unter dem Einfluss des Ukrainekriegs erzielte Futtergerste 2022/23 ex-Ernte Erzeugerpreise um 24 €/dt. Befeuert von der Sorge um eine Verlängerung des Getreideabkommens am Schwarzen Meer im November 2022 folgten die Gerstenpreise den bullischen Entwicklungen der Getreidekurse an den Börsen. In KW 47/22 erzielte Futtergerste Erzeugerpreise um 28 €/dt. Zum Jahreswechsel 2022/23 und nachfolgend im 1. und 2. Quartal 2023 machte sich die Zuversicht breit, dass ausreichend Gerste verfügbar ist.

Für die Landwirte in der EU kam hinzu, dass fortlaufend preisgünstige Importe aus der Ukraine spürbar Druck auf die Erzeugerpreise ausübten. Unterbrochen wurde der Abwärtstrend lediglich Mitte März und Mitte Mai, als jeweils die Verhandlungen um eine Verlängerung des Getreideabkommens am Schwarzen Meer anstanden. Vor diesem Hintergrund waren die Erzeugerpreise für Futtergerste fortlaufend rückläufig.

Zum Jahreswechsel wurden noch 24 €/dt ausgerufen, Ende des 1. Quartals 2023 waren es 21,50 €/dt, Ende Mai 2023 wurden nur noch 18 €/dt genannt. Neuerntige Futtergerste kommt aktuell nur noch auf 17 €/dt (KW 38). Trotz Sommertrockenheit erbrachte Wintergerste noch ordentliche Mengen und Qualitäten, da sie die Frühjahrsfeuchte bis zur Ernte nutzen konnte.

Der Blick nach vorne verspricht nur wenig Hoffnung auf schnelle Besserung bei den Preisen. Zwar fällt die Gerstenbilanz 2023/24 sowie der gesamte Getreidekomplex nach aktueller Einschätzung wieder eher eng aus. Weltweit jedoch wird 2023/24 noch immer leicht überschüssig eingeschätzt. Für die EU kommt das fehlende Getreideabkommen hinzu, was zu Preisdruck im gesamten europäischen Raum durch Getreideimporte aus der Ukraine führt.

Verarbeiter greifen, so Berichte aus dem Markt, gerne die preisgünstigen Angebote auf. Zumal große Mühlen und Futtermittelhersteller meist in Hafennähe liegen und damit direkten Zugang zu günstigen Schiffsfrachten haben.

Brotweizen



Die Weizenbilanz 2022/23 präsentierte sich laut USDA mit einer weltweiten Erzeugung von 790,6 Mio. t und einem Verbrauch von 785,8 Mio. t weitgehend ausgeglichen. Die Bestände beliefen sich auf 267,1 Mio. t. In der EU wurde mit 132,8 Mio. t, trotz der Sommertrockenheit, ein gut durchschnittliches Ergebnis (Ø 5 Jahre: 131,5) eingefahren. Die deutsche Weizenernte hingegen zeigte sich mit 22,37 Mio. t etwas über dem 5-JahresSchnitt (21,73).

Für 2023/24 lässt sich folgendes festhalten: Die Weltweizenernte zeigt sich nach mehreren Abwärtskorrekturen zwischenzeitlich mit 787,3 Mio. t unter Vorjahr, die ursprünglich als ausgeglichen eingeschätzte Bilanz hat sich in ein Defizit verwandelt. In der EU wird die Weizenernte laut Septemberschätzung der EU-Kommission auf 132,4 Mio. t taxiert. Nach den Augustzahlen des DRV liegt die deutsche Weizenernte 2023 bei 21,46 Mio. t (-4,7 % unter Vorjahr.

Unter dem Eindruck des Ukrainekriegs erzielte Brotweizen 2022 ex-Ernte Erzeugerpreise um 29 €/dt. Mit der Sorge um die Verlängerung des Getreideabkommens erzielte Brotweizen in KW 44 in der Spitze Erzeugerpreise um 31 €/dt. Mit der Zuversicht, dass ausreichend Getreide verfügbar ist und wegen der preisgünstigen Importe aus der Ukraine erodierten die Preis fortlaufend.

Zum Jahreswechsel wurden noch 26 €/dt ausgerufen, Ende des 1. Quartals 2023 waren es noch 23 €/dt und Ende Mai 2023 wurden nur noch 19 €/dt genannt. Die Prämie für A-Weizen lag durchgängig bei etwa 1 €/dt, EWeizen wurde 2022 mit einer Prämie von 2,50 bis 3,00 €/dt gehandelt. Neuerntiger Brotweizen wird aktuell mit Erzeugerpreisen um 20,50 €/dt (KW 38) bewertet.

Im Gegensatz zu Futtergetreide konnte Brotgetreide nach der Ernte zwischenzeitlich etwas zulegen. Das liegt v.a. daran, dass in diesem Jahr witterungsbedingt nur begrenzte Mengen guter Qualitäten zur Verfügung stehen. Vor allem hoch-proteinhaltige Qualitäten sind am Markt gesucht. Zwischenzeitlich werden für A-Weizen Aufgelder von 1,50 bis 2 €/dt, für E-Weizen 4,50 bis 5 €/dt bezahlt, gegenüber bei 0,50 bis 1 €/dt für A-Weizen und 1,50 bis 2,50 €/dt bei E-Weizen.

Der Blick nach vorne lässt wenig Hoffnung auf schnelle Besserung der Erzeugerpreise erwarten. Die weltweite Weizenbilanz 2023/24 zeigt zwar zwischenzeitlich ein Defizit, der gesamte Getreidekomplex fällt jedoch nach aktueller Einschätzung noch positiv aus. Die EU-Getreidepreise werden nach Einschätzung von Marktexperten derzeit von zwei wesentlichen Faktoren beeinflusst. Einerseits tut sich der europäische Export gegen günstige Exporte aus Russland schwer. Zum anderen kommen weiter preisgünstige Getreideimporte aus der Ukraine an.

Terminmarkt Weizen



2020/21 machte sich der Rohstoffhunger Chinas an den Getreidemärkten bemerkbar. Chinas Getreideimport schnellte gegenüber dem Vorjahr um weit mehr als 30 Mio. t auf rund 61,1 Mio. t nach oben, sodass der MAI21-Kontrakt für Weizen in Paris im April 2021 bei 257,75 €/t notierte.

Im Vorfeld der Ernte 2021 folgte zwar eine moderate Konsolidierungsphase, angesichts optimistischer Erwartungen pendelten die Kurse im Juli 2021 um 200 €/t. Die stufenweise Rücknahme der weltweiten Erwartungen durch das USDA und den IGC ließen die Kurse für den MAI22 im November 2021 auf ein Hoch von 306,50 €/t anziehen.

Zu Beginn des Ukrainekrieges wurden Kurse für MAI22 um 265 €/t notiert. Mit dem Krieg schnellten die Kurse in Paris binnen Tagen auf rund 400 €/t. Der DEZ22 notierte im Mai in der Spitze sogar bei 430 €/t. Bis zur Ernte fielen die Kurse auf 310 bis 340 €/t zurück.

Im Herbst 2022 mit der Unsicherheiten wegen des Getreideabkommens wurden nochmals 360 bis 370 €/t notiert. Danach gingen die Weizenkurse (MAI23) zum Jahreswechsel auf 310 €/t zurück, zum Ende des 1. Quartals 2023 waren es noch 260 €/t, in KW 22/2023 notiert der MAI23 nur noch bei 225 €/t. Die Kurse für die neue Ernte (DEZ23) lagen zu diesem Zeitpunkt etwa auf demselben Niveau.

Im Juni unterstützte die Trockenheit in Europa und den USA die Kurse (260 €/t, DEZ23) in Paris, die sich mit Niederschlägen in den USA und der optimistischen Einschätzung des USDA wieder auflöste, sodass die Kurse wieder auf knapp über 230 €/t zurückfielen. Die Verweigerung, das Getreideabkommen am 17. Juli 2023 erneut zu verlängern, schickte die Kurse an der MATIF binnen Tagen wieder in Richtung 260 bis 270 €/t. Erntedruck und eine weiter gute Einschätzung der Welt-Getreideernte durch das USDA haben den Aufstieg gestoppt und ließen die Kurse bröckeln. Aktuell (KW38) tendiert der DEZ23 zwischen 235 und 245 €/t seitwärts.
LEL Schwäbisch Gmünd
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