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02.08.2023 | 09:23 | Getreidemarkt 

Getreidepreise leiden unter erwarteter, guter Welternte

Schwäbisch Gmünd - Nach mehreren aufeinander folgenden Jahren mit überwiegend positiven Bilanzen waren die Welt-Getreideendbestände zum 30.06.2018 auf ein solides Niveau von rund 660 Mio. t angewachsen.

Getreide 2023
(c) proplanta
Seit 2018/19 allerdings geht es nahezu kontinuierlich abwärts. Mit Ausnahme der ausgeglichenen Bilanzen 2019/20 und 2021/22 zeigte sich die Bestandsentwicklung in drei der letzten fünf Getreidejahre als deutlich defizitär. Insbesondere in den letzten Jahren war zu beobachten, dass die Getreidebilanz jeweils nach einer anfänglichen Überschussprognose am Ende deutlich ins Negative rutschte und zum Abschluss des Wirtschaftsjahres einen Bestandsabbau aufwies.

Das Getreidejahr 2022/23 startete dann sogar von Beginn an mit einem Bilanzdefizit. Die Erzeugung taxiert das USDA auf 2.233 Mio. t, gut 50 Mio. t weniger als im Vorjahr. Der Verbrauch liegt mit 2.241 Mio. t deutlich über der Produktion. Die Endbestände zum 30.06.2023 unterschritten mit 592 Mio. t erstmals nach 7 Jahren wieder die 600er Marke. Die Gründe für das schwächere Ergebnis 2022/23 lagen in der durch den Krieg bedingten rückläufigen Getreideproduktion in der Ukraine sowie schwächeren Ernten in der EU-27, den USA und Argentinien.

Bessere Ernten in Brasilien, Kanada, Russland und Australien konnten dabei das Minus nicht aufwiegen. In seiner 3. Schätzung für 2023/24 sieht das USDA unverändert eine deutlich positive Getreidebilanz. Einer Erzeugung von 2.310 Mio. t soll ein Verbrauch von 2.282 Mio. t gegenüberstehen. Die Bestände würden damit wieder auf 606 Mio. t anwachsen. Die Entwicklungen sind darüber hinaus stark geprägt von den Geschehnissen am Schwarzen Meer.

Der Getreideexport aus der Region war nach Vereinbarung des Getreideabkommens am 22. Juli 2022 ordentlich angelaufen. Die Tatsache, dass die Verlängerung des Abkommens lange ungewiss war, beflügelte im Oktober 2022 die Getreidekurse. Mit der Verlängerung des Abkommens am 17.11.22 für weitere 120 Tage machte sich im Markt eine gewisse Entspannung bemerkbar. Günstige Exportchargen über die Donau oder per Bahn nach Europa ließen die Weizenkurse unter die 300 –Euro-Marke fallen.

Zuletzt wurde das Abkommen am 17.3. und am 17.5. jeweils um 60 Tage verlängert. Inzwischen sind die Weizenkurse auf die neue Ernte im Bereich 230 bis 260 €/t angekommen und reagieren hoch empfindlich auf das Geschehen am Schwarzen Meer, aber auch auf die Wettermärkte. Gerade die Verweigerung Russlands, das Getreideabkommen am 17. Juli erneut zu verlängern bringt außerordentlich Unruhe in das Geschehen.

Ende Juli 2023 sieht die EU-Kommission die EU-Getreideernte 2022/23 bei 265,3 Mio. t, den Binnenverbrauch bei 255,4 Mio. t. Das Ergebnis der letztjährigen Ernte war damit das schwächste der letzten 10 Jahre. Dennoch legten die Endbestände zum 30.06.2023 auf 50,9 Mio. t zu. Grund dafür war eine außerordentliche Steigerung der Importe auf 39,3 Mio. t (Ø 5 Jahre: 27,7) infolge des umfangreichen Zuflusses von Getreide aus der Ukraine. 2023/24 wurde im März 2023 mit einer Getreideernte von 287,9 Mio. t noch optimistisch gesehen. Inzwischen hat die europaweite Sommertrockenheit einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.

Die Julischätzung spricht nur noch von einer Getreideernte von 273,6 Mio. t. Weniger Weizen (-4,8 Mio. t), weniger Mais (-2,0) und deutlich weniger Gerste (-5,5) gegenüber der Märzschätzung sind die wichtigsten Ursachen. Die Exporte sollen auf 47,8 Mio. t steigen (+2,5 Mio. t zum Vorjahr), die Importe hingegen wieder auf 25,6 Mio. t (-13,7 Mio. t zum Vorjahr) zurückgehen. Die Endbestände werden in der Julischätzung mit 45,0 Mio. t deutlich unter Vorjahresniveau (50,0) gesehen. Damit verwandelte sich die ursprünglich hoffnungsvolle Getreidebilanz der EU-27 binnen 2 Monaten zum drittschwächsten Ergebnis der letzten 10 Jahre.

Die deutsche Getreideernte 2022 wurde vom Statistischen Bundesamt auf 43,48 Mio. t geschätzt. Es handelte sich dabei um die viertschwächste Ernte der letzten 10 Jahre. Nur 2018, 2020 und 2021 waren noch schwacher ausgefallen. Die Getreidefläche war 2022 mit 6,10 Mio. ha gegenüber dem Vorjahr um 50.000 ha ausgeweitet worden.

Der Ertrag hingegen lag mit 71,3 dt/ha auf Höhe des Durchschnitts der letzten 10 Jahre (71,5). 2022 war geprägt von Trockenheit und Hitze während des gesamten Sommers, die Ernte litt in Menge und Qualität. Zwar waren die im Sommer gedroschenen Getreidearten noch mit einem „blauen Auge“ davongekommen, die Körnermaisernte mit 3,84 Mio. t fiel jedoch knapp 20 % schwächer aus als im Vorjahr.

Das Getreidejahr 2023 begann hoffnungsvoll, im Frühjahr fiel ausreichend Regen. Allerdings stellte die Witterung ab Ende April um, es entwickelte sich eine ausgeprägte Sommertrockenheit. Wobei der Süden in diesem Jahr etwas stärker betroffen war als andere Regionen. Laut Julischätzung des DRV soll die Ernte 2023 mit 41,9 Mio. t schwächer ausfallen als man im Frühjahr gehofft hatte (Märzschätzung: 42,7).

In Summe wären dies -3,6 % gegenüber dem Vorjahr. Die Trockenheit kostet aber nicht nur Menge. Auch die Qualität der Ernte 2023 scheint deutlich schwächer auszufallen, v.a. die Hektolitergewichte litten vielfach unter der Trockenheit.

In Baden-Württemberg wurden im Juni: Bio-Brotweizen mit 52,67 €/dt, Bio-Dinkel, Rohware, mit 37,14 €/dt, BioHafer mit 35,86 €/t und Bio-Roggen mit 44,57 €/dt frei Verarbeiter gehandelt. Bio-Futtergerste lag bei 37,10 €/dt, Bio-Futterweizen 34,40 €/dt, Bio-Triticale 32,75 €/dt sowie Bio-Mais bei 44,60 €/dt. Bio-Ackerbohnen erzielten 60,50 €/dt, Bio-Futtererbsen 53,50 €/dt, Bio-Sojabohnen, vorgetrocknet, 80,00 €/dt.
LEL Schwäbisch Gmünd
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