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21.03.2024 | 09:54
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Bamberger Schlachthof vor dem Aus

Bamberger Schlachthof
Der Bamberger Stadtrat legt den kommunalen Schlachthof still. Der Bauernverband hatte bereits vor der Entscheidung heftige Kritik geübt und fürchtet um die Zukunft kleinerer und mittlerer Höfe. (c) contrastwerkstatt - fotolia.com

Ministerium bedauert Aus für Bamberger Schlachthof

Das bayerische Landwirtschaftsministerium hat «mit großem Bedauern» auf das Aus für den Bamberger Schlachthof reagiert. «Auch dass alternative Konzepte für kleinere Lösungen nicht intensiver verfolgt wurden, wird sehr bedauert», teilte ein Sprecher mit. Betroffen von der Schließung sind knapp 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - und auch Landwirte der Region, die ihre Tiere nun bald nicht mehr mit kurzen Transportwegen dort anliefern können. Der Bauernverband (BBV) in Oberfranken fürchtet deshalb, dass vor allem kleinere und mittlere Höfe mit Viehhaltung aufgeben.

Am Mittwochabend hatte sich eine Stadtratsmehrheit dafür ausgesprochen, den wirtschaftlich angeschlagenen Schlachthof zum 30. Juni zu schließen. Das Landwirtschaftsministerium betonte nun erneut, dass dem Freistaat die Hände gebunden gewesen seien, was eine mögliche staatliche Hilfe für den Betrieb anbelangte: «Aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben ist die Förderung von Schlacht­höfen, bei denen die Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand mehr als 25 Prozent des Eigenkapitals des Unternehmens beträgt, ausgeschlossen.» Der Schlachthof Bamberg befindet sich komplett in kommunaler Hand.

Zugleich versicherte das Haus von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU), dass die «Sicherung und Stärkung der guten Schlachtstrukturen im Freistaat» ein zentrales Anliegen der Staatsregierung sei.

Die Grünen im Landtag warfen der Staatsregierung im allgemeinen und Kaniber persönlich vor, sich vor der eigenen Verantwortung zu drücken: «Das klingt direkt höhnisch, wenn sich das CSU-geführte Landwirtschaftsministerium damit rausredet, die EU sei schuld. Was für ein Unsinn», sagte Paul Knoblach, Fraktionssprecher für Tierschutz. Das Sterben der Schlachtstätten sei der Staatsregierung seit Jahren bekannt, und sie tue nichts dagegen. «Frau Kaniber hat es schlicht versäumt, rechtzeitig Trägerstrukturen auf den Weg zu bringen, die die Fortführung und Förderung eines Schlachtbetriebs EU-rechtlich bedenkenlos ermöglichen.»

Kaniber wies die Kritik umgehend zurück. «Wir sind mit unserer Förderung der Schlachthofstrukturen an die Grenzen des bundes- und europarechtlich möglichen gegangen. Darum gibt es in Bayern noch die Strukturen, um die uns andere beneiden.», sagte die Ministerin am Abend. «Im Übrigen ist die Haltung der Grünen schon sehr zynisch: Bundesweit wollen sie die Halbierung der Nutztierzahlen und gleichzeitig sollen aber alle Schlachthöfe erhalten werden», kritisierte Kaniber.

Das Ergebnis war eindeutig: Der Schlachthof trägt sich wirtschaftlich unter den gegebenen Umständen nicht mehr und würde die Stadt als alleinige Gesellschafterin auf nicht absehbare Zeit finanziell erheblich belasten», kommentierte Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) die Entscheidung des Stadtrats am Mittwochabend.

«Es wurden alle Möglichkeiten und Optionen ausgelotet, um die seit 120 Jahren bestehende Einrichtung zu retten. Allerdings fehlte dafür eine gesicherte Perspektive, auf die sich für die nächsten Jahre bauen lässt.»

Nach Angaben der Stadt fehlen pro Woche derzeit 350 Rinder für einen wirtschaftlichen Betrieb. Der Schlachthof mache daher wöchentlich ein Defizit von 40.000 Euro. Offen ist noch, wie es mit dem Areal weitergehen soll. Die Gebäude stehen teils unter Denkmalschutz.

dpa/lby
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Kommentare 
maximilian schrieb am 23.03.2024 16:12 Uhrzustimmen(5) widersprechen(0)
So ist die Logik des Marktes. Weniger Schlachtungen führt zum Abbau der Schlachthöfe. Eine Fortsetzung des defizitären Schlachthofbetriebes aus Steuermitteln zu finanzieren, ist nicht möglich. Dass kommunale Schlachthöfe seit 40 Jahren nicht förderfähig sind, ist bekannt. Bereits 1986/87 wurde der kommunale Schlachthof in Regensburg geschlossen.
Lieber hat die Staatsregierung den Neubau von Schlachthöfen auf der grünen Wiese gefördert, für parteinahe Betreiber. Derzeit lohnt es sich nicht, in Schlachtbetriebe zu investieren.
Warum ein landwirtschaftlicher Betrieb schließen sollte, weil ein Schlachthof aus fällt, ist nicht ersichtlich. Aufgrund des Fachkräftemangels bestehen gute Berufschancen für das Personal.
Dr. Gero Beckmann, Fachtierarzt für Mikrobiologie schrieb am 21.03.2024 16:10 Uhrzustimmen(12) widersprechen(7)
Es ist ein Jammer und ein Bärendienst für den Tierschutz! Von den wegfallenden Arbeitsplätzen ganz abgesehen. Die so fleißig beworbene Genussregion Oberfranken bekommt einen weiteren Tritt vor's Schienbein. Weder ein strafbefehlbewehrter OB noch ein vom echten Leben offensichtlich entfernter Stadtrat, noch eine Staatsregierung, die an jeder Ecke ihre Nähe zur Region und zur Landwirtschaft vollmundig betont, sind offensichtlich in der Lage, rechtzeitig vernünftige Perspektiven zu entwickeln. Genauso geschah es mit der denkmalgeschützten ehrwürdigen "Ochsenkathedrale" in Bad Kissingen, ein imposantes Bauwerk. Diese gammelt seit mehr als 20 Jahren vor sich hin, die wenigen tapferen Metzger beziehen mehrheitlich ihr Fleisch schon längst nicht mehr aus der Region und manch einer...schließt seinen Laden zu, genauso wie die gebeutelten Gastronomen. Von den Sensorikverlusten bei Fleisch und Wurst ganz zu schweigen!
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