Einerseits schlagen stark gestiegene
Kraftstoffpreise zu Buche. Auf der anderen Seite werden Engpässe bei Saatgut wie Weizen, Roggen und Triticale befürchtet. Und eine Nachricht aus Sachsen-Anhalt hat die
Betriebe aufgeschreckt: Wegen extrem hoher Gaspreise stoppt einer der größten
Düngemittelhersteller Deutschlands die Produktion.
«Es ist eine Katastrophe», konstatierte Stephan Claus. Er ist Chef der Pretzschendorfer Landwirtschafts- und Dienstleistungsgesellschaft in Klingenberg am Fuß des Osterzgebirges. Der
Betrieb bewirtschaftet 1.550 Hektar Land. Der Preis für Dünger habe sich seit einem Jahr vervielfacht, berichtete er. Bisher habe das teils durch gestiegene Erlöse aufgefangen werden können.
«Aber wir wissen nicht, wie sich die Erzeugerpreise weiter entwickeln.» Sein Betrieb hat vorgesorgt und im Sommer rund 250 Tonnen Dünger auf Vorrat gekauft - zu bereits hohen Preisen, wie Claus betonte. «Das ist etwa 70 Prozent von dem, was wir im Jahr benötigen.»
Denn die Landwirte treibt die Sorge um, ob künftig überhaupt genug Dünger zu bezahlbaren Preisen verfügbar sein wird. Für viele Betriebe ist deswegen der Ausblick gedämpft, sagte
Bauernpräsident Thomas Krawczyk am Mittwoch. Für Verunsicherung sorgt der Produktionsstopp eines der größten Produzenten von Ammoniak - dem Grundstoff für die allermeisten Stickstoff-Dünger - und Harnstoff in Deutschland.
Derzeit seien die Anlagen in einer Generalrevision, erläuterte der Marketingleiter der SKW Piesteritz in Wittenberg, Maximilian Severin. Angesichts der stark gestiegenen Gaspreise und der künftigen Gasumlage sei es für das Unternehmen derzeit nicht sinnvoll, die Produktion wieder anzufahren.
Nicht nur die
Bauern hat diese Nachricht aufgeschreckt, sondern auch die Logistikbranche: SKW produziert auch Ad Blue, ein wichtiger Stoff für die Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen. Es brauche dringend eine Lösung für dieses Problem, betonte
Agrarminister Wolfram Günther (Grüne).
«Wir können und wollen nicht auf diesen Produzenten verzichten.» Mit dem Ausfall des Betriebes würde Deutschland nicht nur seine Eigenversorgung mit Düngemittel deutlich schmälern, sondern sich auch in größere Abhängigkeit von Produzenten im Ausland begeben, warnte Bauernfunktionär Krawczyk.
Dieses Jahr hatte bisher vor allem die lange Trockenheit den Agrarbetrieben Kopfzerbrechen bereitet. So konnten sie im
Schnitt weniger Getreide vom Feld holen als in den vergangenen Jahren: 66,3 Dezitonnen pro Hektar. Die Erträge seien immerhin besser ausgefallen als zunächst befürchtet, resümierte Krawczyk. Doch habe die Qualität mitunter enttäuscht, so dass weniger
Brotgetreide eingefahren wurde als erhofft. Getreide mit schlechterer Qualität wird zu Tierfutter.
Die
Versorgung der Bevölkerung sei gesichert, sagte Minister Günther und verwies darauf, dass der
Selbstversorgungsgrad bei Getreide und Milch in Sachsen über 100 Prozent betrage. Zugleich mahnte er, regionale Wertschöpfungsketten zu stärken, um die hiesige Land- und
Ernährungswirtschaft krisenfester zu machen.
Getreide ist für Sachsens Bauern die wichtigste Feldfrucht. Von den gut 700.000 Hektar
Ackerland, die sie bewirtschaften, nimmt der
Getreideanbau weit mehr als die Hälfte ein. Die
Dürre hatte zudem dazu geführt, dass die Ernte dieses Jahr etwa zwei Wochen früher als sonst begonnen hatte.
Bei anderen Früchten steht die Ernte noch aus, bei Kartoffeln,
Rüben und Mais. Doch wirkt sich auch hier die Trockenheit aus und werden Einbußen erwartet, ebenso beim Grünfutter. Immerhin beim Raps, der wichtigsten Ölfrucht im Freistaat, wurde mit 35,3 Dezitonnen je Hektar eine überdurchschnittliche Ernte erzielt.