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16.10.2023 | 06:43 | Chemischer Pflanzenschutz 

SUR: EU-Agrarpolitiker wollen für Halbierung das Zieljahr 2035

Brüssel - Die Agrarpolitiker im Europaparlament stehen hinter dem Ziel eines reduzierten Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel, wollen den Landwirten aber mehr Zeit zur Anpassung einräumen.

Pflanzenschutzmittel
Der Landwirtschaftsausschuss im Europaparlament will die Frist für die Halbierung des chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes um fünf Jahre hinausschieben. Unklar ist, wie der federführende Umweltausschuss mit den Empfehlungen der Agrarpolitiker umgeht. (c) proplanta
Sie plädieren deshalb im Hinblick auf die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Halbierung für das Zieljahr 2035. Die Brüsseler Behörde hat in ihrem Verordnungsentwurf zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) bekanntermaßen das Jahr 2030 vorgeschlagen.

Darüber hinaus pochen die Abgeordneten des Landwirtschaftsausschuss in ihrer am Montag (9.10.) verabschiedeten Stellungnahme zur SUR an den federführenden Umweltausschuss auf eine Sonderklausel. Diese besagt, dass das Ziel nur dann verpflichtend sein soll, wenn den Landwirten bis dahin hinreichende Alternativen zur Verfügung stehen.

Des Weiteren drängt das Gremium auf Änderungen bei den sensiblen Gebieten. Hier hatte die Kommission zunächst ein totales Einsatzverbot gefordert, war davon aber vor knapp einem Jahr in einem Non-Paper selbst abgerückt.

Die Agrarpolitiker im EU-Parlament lehnen erwartungsgemäß ein Totalverbot ab. Darüber hinaus fordern sie, dass sensible Gebiete über die nationalen Aktionspläne der Mitgliedstaaten definiert werden sollten. Die Kommission solle diese Festlegungen dann im Anschluss bewerten.

Zusätzliche Mittel nicht aus der GAP



Kritisch bewerten die EU-Agrarpolitiker auch den Ansatz der Kommission, dass die zusätzlichen Kosten, die der Landwirtschaft durch den geringeren Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel entstehen, über den Haushalt der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ausgeglichen werden sollen. Dies lehnt das Gremium strikt ab.

Nachdrücklich fordern sie, dass diese Kosten über neue Geldquellen abgegolten werden müssten. Sie geben zu bedenken, dass der GAP-Etat bereits jetzt stark beansprucht sei.

Dem Votum des Landwirtschaftsausschusses kommt in dieser Frage besonderes Gewicht zu, da es sich bei der Finanzierung um einen der wenigen Punkte handelt, bei denen er bei der SUR die alleinige Kompetenz hat. Kritiker dieses Beschlusses geben allerdings zu bedenken, dass es beispielsweise in der Zweiten Säule sowie in den Eco-Schemes bereits zahlreiche Programme gebe, die direkt oder indirekt einen reduzierten Einsatz chemischer Pestizide förderten.

Entscheidung der Agrarpolitiker respektieren



Die Berichterstatterin Clara Aguilera von der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D) rief nach dem über zweieinhalb Stunden dauernden Abstimmungsmarathon den Umweltausschuss auf, die Stellungnahme zu respektieren und in die eigene mit aufzunehmen.

Nach Informationen der Berichterstatterin im federführenden Umweltausschuss, Sarah Wiener, wird das Plenum über das Verhandlungsmandat des Parlaments zur SUR im November abstimmen. Sie kritisierte insbesondere die vom Landwirtschaftsausschuss geforderte Zusatzfinanzierung über die GAP hinaus.

Wiener betonte, die Bäuerinnen und Bauern brauchten jetzt vor allem eines, nämlich schnell Klarheit über die bald geltenden Regelungen. „Ich hoffe auf eine Einigung vor Ende der Legislaturperiode“, so die Grünen-Politikerin.

Agrarpolitiker wollen gehört werden



Der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Norbert Lins, stellte vor allem die Streichung der sensiblen Gebiete heraus. Damit stelle man sich klar gegen das Verbot von Pflanzenschutzmitteln auf landwirtschaftlichen Flächen. Man appelliere nun an den federführenden Umweltausschuss, diesen Standpunkt ernst zu nehmen.

„Sollte unsere Stimme nicht ausreichend im parlamentarischen Entwurf reflektiert sein, werden wir die Debatte im Plenum weiterführen“, erklärte der CDU-Politiker. Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) drängten derweil in Richtung des Umweltausschusses, die Beschlüsse der Agrarpolitiker in den Entwurf an das Plenum einfließen zu lassen. Die beiden Dachverbände mahnten, dass ein Mindestmaß an Klarheit und Umsetzbarkeit dringend erforderlich sei.
AgE
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