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03.07.2022 | 09:50 | Anbauschätzung 

Reifen nur 22,5 Millionen Tonnen Brotweizen in der Ukraine heran?

München - Vor einem Mangel an Weizen auf dem Weltmarkt im Vermarktungsjahr 2022/23 warnt die BayWa AG und verweist auf Berechnungen ihrer Tochter VISTA Geowissenschaftliche Fernerkundung GmbH zur Ernte in der Ukraine.

Anbauschätzung
Ergebnis von Berechnungen des VISTA-Simulationsmodells - Der Münchener Handelskonzern warnt mit Blick auf die Saison 2022/23 vor einem Mangel an dem wichtigen Nahrungsgetreide auf dem Weltmarkt. (c) proplanta
Auf den Feldern der Ukraine würden derzeit nur 22,48 Mio. t Brotweizen heranreifen, so der Konzern am Freitag (1.7.) unter Berufung auf Ergebnisse des VISTA-Simulationsmodells, das neben Satellitendaten auch Wetterdaten, Bodenbeschaffenheit und Topografie berücksichtigt.

Im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen vier Jahre würde das einen Rückgang um 17 % bedeuten. Wie der Vorstandschef der BayWa AG, Prof. Klaus Josef Lutz, zu der Schätzung feststellte, zeigt diese, dass eine unterdurchschnittliche Ernte nicht mehr zu vermeiden ist. Das sei vor allem für die Menschen in den ärmsten Ländern eine Katastrophe. Es fehlten rund 20 Mio. t Weizen am Weltmarkt.

Teile der Welt würden hungern. Ohne Öffnung der Häfen werde das Getreide nicht außer Landes kommen. Laut Lutz ist eine Zwischenlagerung unumgänglich, denn die Kapazitäten auf dem Landweg seien keine Alternative. Er verwies darauf, dass die Ladeleistung eines Schiffes der von 2.000 Lastkraftwagen oder 30 Güterzügen entspreche. Es fehle - auch angesichts des Fachkräftemangels - an Ressourcen, und die weiten Wege zu den Ostsee- beziehungsweise Schwarzmeerhäfen trieben die ohnehin schon hohen Preise zusätzlich.

Genauere Planung möglich

Die Gründerin und Geschäftsführerin von VISTA, Dr. Heike Bach, wies darauf hin, dass die bis auf Landkreise runter gebrochenen Daten genutzt werden könnten, um die kriegsbedingt eingeschränkten Ernteressourcen gezielt dort einzusetzen, wo der Ertrag am höchsten sei. Auch Mariya Yaroshko vom Deutsch-Ukrainischen Agrarpolitischen Dialog aus Kiew misst den Daten für die Ukraine zum jetzigen Zeitpunkt einen großen Wert bei.

Personelle Ressourcen und Diesel seien aktuell die entscheidende Mangelware. „Durch die präzise Einschätzung des zu erwartenden Ertragsvolumens je Region können wir unsere Ernte und deren Lagerung genauer und sicherer planen. Dies wird die Ernährungssicherheit und das Exportpotential der Ukraine stärken“, erklärte Yaroshko.

Übermenschliches geleistet

Die von der VISTA zur Verfügung gestellten Daten hätten nicht nur für die Agrarexperten der Ukraine, sondern auch für Hilfsorganisationen größte Relevanz, betonte Lutz. Sie ließen ein Urteil darüber zu, welche Mengen am Weltmarkt fehlen dürften.

Die Unterstützung der am stärksten betroffenen Entwicklungsländer könne so fokussiert angegangen werden, erklärte der BayWa-Vorstandschef. Er hob hervor, dass dem Kiewer Landwirtschaftsministerium noch detailliertere Auswertungen kostenlos zur Verfügung gestellt würden. Die Prognosen für Winterweizen, Wintergerste und Raps bis auf Oblast-Ebene würden außerdem auch der Weltbank, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zugänglich gemacht.

Lutz hob hervor, die Landwirte in der Ukraine hätten Übermenschliches geleistet, denn hätten sie nicht unter Einsatz ihres Lebens Dünger und Pflanzenschutzmittel ausgebracht, wären die Pflanzen jetzt nicht in diesem Zustand. Doch erst im Verlauf der Ernte werde sich zeigen, wie viele Felder tatsächlich befahrbar seien, denn Minen, Metallteile und auch Verunreinigungen könnten die Erträge noch weiter schmälern. Hier werde in den nächsten Wochen das Erntefortschritts-Monitoring der VISTA Klarheit bringen.
AgE
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