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16.04.2024 | 00:01 | Erdbeersaison 2024 

Erdbeerernte startet in Hessen - moderne Technik rund um süße Früchte

Münzenberg - Süß, aromatisch, saftig - frische Erdbeeren sind beliebt bei den Verbrauchern. Die Ernte der in Folientunneln angebauten frühen Früchte läuft derzeit an, sodass im Direktverkauf und in Supermärkten jetzt wieder Erdbeeren aus heimischem Anbau zu haben sind.

Erdbeerernte
Auch in Hessens Erdbeerkulturen beginnt jetzt das große Pflücken. Bisher zeichnet sich eine gute Ernte ab - doch das Geschäft mit den süßen Beeren ist für die Erzeuger kein Zuckerschlecken. (c) proplanta
Auch auf dem Hof von Maximilian Reuhl in der hessischen Wetterau sorgen jetzt und in den kommenden Monaten viele helfende Hände dafür, die Ernte einzubringen und die Erdbeerpflanzen zu pflegen. Nach dem nassen und recht milden Jahresstart hofft Reuhl auf Sonne satt in den kommenden Tagen, damit die Pflanzen kräftig wachsen, die Beeren sich gut ausbilden, leuchtend rot und zuckersüß werden.

Auf einer Fläche von rund 50 Hektar baut Reuhl mit seinem Unternehmen «Wetterauer Früchtchen» Erdbeeren an, die jährliche Erntemenge beläuft sich auf etwas mehr als 500 Tonnen - damit gehört der Hof zu den größeren hessischen Anbietern für das Obst, das zur Gattung der Rosengewächse zählt.

An neuen Sorten ist der findige Gärtnermeister mit Fachrichtung Obstanbau immer interessiert - besonders schmackhaft seien beispielsweise «Favori» und «Lady Emma». Dass er wie mittlerweile viele Anbieter die Erdbeeren in Folientunneln kultiviert, hat mehrere Gründe: Die Pflanzen lassen sich darin besser vor Witterungseinflüssen schützen, liefern einen höheren Ertrag und auch die Arbeitsbedingungen für die Erntehelfer gelten als besser. Außerdem lässt sich darin mit Nützlingen wie etwa beistimmten Raubmilben arbeiten, mit denen wiederum Spinnmilben an den Erdbeerpflanzen bekämpft werden.

Hessenweit haben im vergangenen Jahr nach Zahlen des Verbandes Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer 154 Betriebe auf knapp 982 Hektar Fläche Erdbeeranbau betrieben, das waren zwei Betriebe und gut zwölf Prozent weniger Fläche als im Vorjahr. Die Erntemenge schrumpfte um knapp 13 Prozent auf 7.186 Tonnen Erdbeeren. Zwar verringerte sich auch die sogenannte geschützte Anbaufläche in den Folientunneln um knapp acht Prozent auf 215 Hektar, verglichen mit 2015 waren das aber 132 Prozent mehr Fläche.

Auch Reuhl hat den Anteil des geschützten Anbaus in den vergangenen Jahren sukzessive ausgebaut auf nunmehr rund 10 Hektar. Umweltschützer sehen Folientunnel kritisch - nicht nur wegen der großen Menge an Plastikfolie, sondern auch, weil diese Anbauflächen Tieren und anderen Pflanzenarten entzogen werden. Auch der Wasserverbrauch und Düngereinsatz für die Erdbeeren werden bemängelt.

Der 34-jährige Landwirt, der auch Spargel, Getreide, Zuckerrüben und andere Feldfrüchte anbaut, hat diese Themen im Blick. So werden die «Wetterauer Früchtchen» unter anderem mit aufgefangenem Regenwasser und über einen Brunnen bewässert, per Monitoring werde der Wassereinsatz überwacht und alle Düngemaßnamen nach modernsten wissenschaftlichen Methoden gezielt gesteuert. Die eingesetzte Folie sei zudem langlebig und werde recycelt, sagt Reuhl. Auch die Kritik an der Verdrängung anderer Organismen sieht der Landwirt widerlegt: Zwischen den Tunneln würden immer wieder auch Hasen, Fasane und Rebhühner gesichtet, die hier ihre Deckung fänden.

Bei dem Geschäft mit den süßen Früchten muss Reuhl derweil hart kalkulieren: Neben hohen Energiepreisen macht ihm vor allem die weitere Mindestlohnerhöhung auf nunmehr 12,41 Euro zu schaffen - denn rund die Hälfte der Kosten machen die Löhne für die rund 40 Vollzeitstellen und die bis zu 300 Saisonarbeitskräfte aus. Nur etwa halb so hoch sei der Mindestlohn in Spanien - von dort würden Erdbeeren auch außerhalb der deutschen Saison importiert werden und lägen dann hierzulande deutlich billiger als einheimische Produkte in den Supermarktregalen.

Wie andere Erzeuger auch kämpft Reuhl zudem mit saisonalen Nachfrageschwankungen. Nach einem häufig guten Auftakt zum Saisonbeginn gebe es in den Sommermonaten, wenn viele Menschen im Urlaub sind, auch Durststrecken. Um diese Einflüsse auszugleichen und die Einkünfte zu verstetigen, hat er den Anbau so angepasst, dass Erdbeeren rund ein halbes Jahr lang von April bis Oktober geerntet werden können.

Seine Erdbeeren vertreibt Reuhl per Direktvermarktung über Hütten und über einen Hofladen, aber auch über Supermärkte. Inzwischen gebe es ein Umdenken und einen zunehmend fairen Umgang großer Supermarktketten mit regionalen Erzeugern, sagt der Landwirt. Als weiteres Standbein betreibt er auf seinem Hof auch eine Gastronomie.

Dass künftig mehr Landwirte in Hessen auf den Erdbeeranbau setzen werden, daran glaubt weder Reuhl noch Andreas Klein, erster Vorsitzender des Hessischen Landesverbands für Erwerbsobstbau. Gelegentlich lege zwar der ein oder andere Landwirt ein Erdbeerfeld zum Selberpflücken an, doch solche Angebote hätten eher «Eventcharakter», sagt Klein. Um das Geschäft wirtschaftlich betreiben zu können, sei voller Einsatz notwendig, erklärt auch Reuhl. Die hier unter hohen Standards und immer komplizierteren Vorschriften erzeugten Lebensmittel hätten es im Wettbewerb mit Billigerzeugnissen aus dem Ausland schwer. «Es ist gut, wenn wir hier sichere Produktionsmethoden haben, aber dann muss es auch eingepreist sein», sagt der Landwirt.
dpa/lhe
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