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01.08.2022 | 00:05 | Schweinemarkt 

Nachfrage nach Schweinefleisch bleibt hinter Erwartungen zurück

Schwäbisch Gmünd - Am Schlachtschweinemarkt hat der Druck auf die Erzeugerpreise aufgrund der schwachen Fleischnachfrage in den letzten Wochen erheblich zugenommen.

Schweinefleischmarkt
(c) contrastwerkstatt - fotolia.com
Andererseits sorgt das geringe Schlachtschweineangebot für anhaltend stabile Auszahlungspreise.

Trotz Grillsaison bleibt der Fleischabsatz derzeit weit hinter den Erwartungen der Marktteilnehmer zurück. Im Frühjahr rechnete man dagegen noch mit einer stark steigenden Schweinfleischnachfrage im Zuge des zunehmenden Außer-Haus-Verzehrs nach dem Wegfall der Corona-Maßnahmen sowie mit steigenden Grillaktivitäten ab dem Frühsommer.

Durch die gestiegene Inflation verhalten sich die Verbraucher derzeit allerdings sehr preissensibel und halten sich vor allem beim Fleischeinkauf zurück. Auch der allgemein zunehmende Verzicht auf Fleisch bereitet der Branche Sorgen.

Bereits in der ersten Maiwoche war wegen des stockenden Fleischabsatzes ein Abschlag von 15 ct/kg SG nicht mehr zu verhindern und der Schlachtschweinepreis wurde von 1,95 € auf 1,80 € abgesenkt. Durch die Feiertage im Mai und Juni entfielen zudem mehrere Schlachttage, was die Nachfrage der abnehmenden Seite kurzfristig zusätzlich reduzierte. Mit wieder vollen Schlachtwochen und grilltauglichem Wetter konnte Ende Juni der Schlachtschweinpreis um +5 ct auf 1,85 €/kg SG angehoben werden.

Weitere Aufschläge konnten danach allerdings nicht mehr durchgesetzt werden, so dass der Vereinigungspreis seit sechs Wochen unverändert bei 1,85 €/kg SG fortgeschrieben wird. Der Bedarf der Schlachtunternehmen an Schlachtschweinen ist aufgrund des impulslosen Fleischgeschäfts und der urlaubsbedingt reduzierten Personalverfügbarkeit in den Schlacht- und Verarbeitungsbetrieben gering. Entsprechen drosseln die Schlachtunternehmen ihre Schlachtaktivitäten und fragen weniger Tiere nach.

Die geringere Nachfrage zeigt sich auch in den Schlachtzahlen, die bis zur KW 29 rund 7 % unter der Vorjahresmenge lagen. Angebotsseitig entstehen trotz geringer Nachfrage keine nennenswerten Überhänge, denn durch die geringeren Einstallungen infolge der stark gestiegenen Produktionskosten im Frühjahr, fällt das Schlachtschweineangebot alles andere als üppig aus. Zudem wachsen die Schweine derzeit hitzebedingt langsamer. Die Schlachtgewichte sind in KW 29 im Bundesdurchschnitt entsprechend auf 96,5 kg zurückgegangen.

Die Erzeugerpreise konnten in den letzten sechs Wochen dank dieses rückläufigen Angebots stabil gehalten werden. Das Preisniveau ist allerdings bei weitem nicht kostendeckend. Gegen steigende Preise wehrt sich vor allem der Lebensmitteleinzelhandel. Nachdem die Fleischnachfrage auch im Juli weiter enttäuschte und durch die Urlaubszeit zusätzlich eingeschränkt wird, kündigte ALDI an, seine Fleischpreise zu senken.

Die Schlachtunternehmen versuchen die geringeren Preise an ihre Schweinelieferanten durchzureichen. So zahlen die drei großen Schlachtunternehmen derzeit für vertraglich nicht gebundene Schlachtschweine nur 1,75 €/kg SG. Diese „Hauspreise“ liegen 10 ct unter der derzeitigen VEZG-Notierung. Aufgrund des geringen Angebots können die Hauspreise allerdings bisher erfolgreich umfahren werden. Kurzfristig sollte das kleine Angebot weiter für stabile Auszahlungspreise sorgen.

In Baden-Württemberg wirken sich die verschiedenen Qualitäts- und Regionalprogramme positiv auf die Schlachtschweineerlöse aus. In KW 29 lag der Preis für Schlachtschweine Hkl. E mit 1,94 €/kg SG um 9 ct/kg SG über dem deutschen Durchschnittspreis. Die Erzeugerpreise für Bio-Schweine gestalteten sich im Juni für pauschal abgerechnete Tiere stabil, für klassifizierte Tiere konnten teilweise Preiseraufschläge erzielt werden.

Der Preis für pauschal abgerechnete Tiere lag bei 4,21 €/kg SG (3,72 €/kg SG im Vorjahr). Schweine der Handelsklasse erzielten mit 4,32 €/kg SG (VJ 3,84 €/kg SG) einen Zuschlag in Höhe von 6 Ct/kg.

Ferkel



Am Ferkelmarkt ist die Nachfrage derzeit sehr ruhig. Die angespannte Marktsituation bei den Schlachtschweinen sorgt bei den Mästern für ein zurückhaltendes Einstallinteresse. Seit den stark gestiegenen Futterkosten ließen viele Mäster, die auf Zukauffutter angewiesen waren, ihre Ställe leer stehen. Obwohl die Futtermittelpreise im Juni etwas nachgaben, hat sich das Einstallinteresse nicht belebt. Entsprechend bestehen derzeit große Schwierigkeiten für die Stückzahlen Abnehmer zu finden, besonders bei Partien ohne feste Mästerzuordnung.

Da noch niedrigere Ferkelpreise die Nachfrage auch nicht steigern würden, spricht sich die VEZG seit 6 Wochen analog zu den stabilen Schlachtschweinepreisen für eine ebenfalls unveränderte Preisempfehlung aus. In BadenWürttemberg liegt er Ferkelpreis aktuell bei 44,60 €/25 kg Ferkel.

Um die Vollkosten zu decken müsste ein 25- kg-Ferkel derzeit mindestens 80 - 90 € kosten. Bei dem derzeitigen Preisniveau liegt selbst der Deckungsbeitrag im negativen Bereich. Solange jedoch die Schlachtschweinepreise stagnieren, besteht kein Spielraum für eine Anhebung der Ferkelpreise.

Das Ferkelangebot in Baden-Württemberg geht angesichts der desaströsen wirtschaftlichen Lage weiter zurück. Die Viehzählungsergebnisse vom Mai zeigen einen gegenüber dem Vorjahr um 7 % niedrigeren Ferkelbestand. Innerhalb eines Jahres haben weitere 10 % der Ferkelerzeuger in Baden-Württemberg ihren Betrieb aufgegeben. Damit entwickelt sich Baden-Württemberg weiter von einem einstigen Überschussgebiet zu einem Ferkel-Zuschussgebiet.

Bio-Ferkel bis 28kg erzielten im Juni 165,82€ im Bundesschnitt und bewegen sich seit Jahresbeginn auf einem konstanten Niveau.
LEL Schwäbisch Gmünd
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