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11.09.2023 | 05:52 | Totalherbizid 

Glyphosat findet sich in Oberflächengewässern

Brüssel - In Oberflächengewässern von elf EU-Mitgliedstaaten lässt sich offenbar häufiger der Herbizidwirkstoff Glyphosat beziehungsweise das daraus entstehende Abbauprodukt Aminomethyl-Phosphonsäure (AMPA) finden.

Pflanzenschutzmittel
PAN Europe legt Bericht zu Glyphosat und AMPA-Verunreinigung vor - Nachweise in elf von zwölf Mitgliedstaaten - Nur in Slowenien kein Befund - Insgesamt aber lediglich 23 Proben untersucht - AMPA kann auch Reinigungsmittel als Quelle haben - Scharfe Kritik der Bayer AG. (c) proplanta
Das ist das Ergebnis von insgesamt untersuchten 23 Wasserproben, das in einem vom Pesticide Action Network (PAN) Europe jetzt vorgelegten Bericht dargelegt wird. Der Bericht wurde im Auftrag der Fraktion der Grünen/EFA im Europaparlament erstellt.

Oberhalb der Bestimmungsgrenze von 0,2 μg/l wurden laut PAN Europe in 17 der 23 Proben Rückstände ermittelt. Die Grundgesamtheit der untersuchten Proben kann mit n = 23 allerdings unter wissenschaftlichen Standards nur als vergleichsweise niedrig eingestuft werden. Zumindest reduziert dies die Aussagekraft der Studie.

Entnommen wurden die Proben aus Gewässern in zwölf Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland. Lediglich in Slowenien konnte weder Glyphosat noch AMPA nachgewiesen werden. PAN Europe zufolge wurden sämtliche Proben in der zweiten Oktoberhälfte 2022 den Gewässern entnommen. In dieser Zeit ist die Ausbringung von Glyphosat aufgrund der Herbstaussaat höher.

Trinkwassergrenzwert herangezogen



Zudem setzt PAN Europe die Rückstände aus den Proben von Oberflächengewässern in Bezug zum Trinkwassergrenzwert von 0,1 μg/l. Fünf Proben aus Österreich, Spanien, Polen und Portugal sollen diesen Grenzwert für Glyphosat deutlich überschritten haben. Nach Angaben von PAN Europe hat eine Probe in Portugal 3 µg/l des Wirkstoffs enthalten.

Das Netzwerk weist in seinem Bericht darauf hin, dass dies das 30-Fache des Grenzwertes für Trinkwasser sei. Die höchste gemessene Konzentration für AMPA wurde mit 3,9 µg/l in Polen gemessen. PAN Europe unterstreicht, dass sowohl Glyphosat als auch AMPA „ein Risiko für die aquatische Umwelt“ darstellten. Glyphosat sei als giftig für Wasserlebewesen mit langfristiger Wirkung eingestuft worden. Auf Grundlage der Daten aus der wissenschaftlichen Literatur wäre somit eine strengere Einstufung gerechtfertigt, so das Netzwerk.

Folgen von AMPA unterschätzt?



Beklagt wird von PAN Europe, dass AMPA derzeit von der EU-Kommission nicht als sogenannter „relevanter“ Metabolit für das Trinkwasser angesehen werde. Dadurch greife der allgemeine Grenzwert für Pflanzenschutzmittel von 0,1 μg pro Liter Trinkwasser hier nicht. Nur wenige EU-Mitgliedsländer hätten einen solchen überhaupt festgesetzt. Nach Einschätzung von PAN Europe sind damit „möglicherweise“ schädliche AMPA-Konzentrationen im Wasser „weit verbreitet und erlaubt“.

Nicht erwähnt wird in dem Bericht der Umweltorganisation aber, dass AMPA nicht nur ein Metabolit von Glyphosat ist. Der Landesanstalt für Umwelt in Baden-Württemberg zufolge kann sich dieses Abbauprodukt auch aus phosphonathaltigen Putz- und Reinigungsmitteln bilden. Dem Wasserbericht des südwestdeutschen Bundeslandes von 2022 ist ferner zu entnehmen, dass Glyphosat beziehungsweise AMPA bei der ersten landesweiten Untersuchung nur sehr selten nachgewiesen wurden. In der Regel würde Glyphosat nicht zu einer flächenhaften Gefährdung der Grundwasserqualität führen, heißt es dort.

Kein Trinkwasser untersucht



Scharfe Kritik an den von PAN Europe vorgestellten Ergebnissen übte die Bayer AG als Hersteller des Wirkstoffs. Auf der Kommunikationsplattform X schrieb das Unternehmen, dass mit solcher Fundamentalkritik das Vertrauen sowohl in die Wissenschaft als auch in die Institutionen zerstört werde. Dies sollte kein Mittel des demokratischen Diskurses sein. Moniert wird zudem, dass PAN Europe den Grenzwert für Trinkwasser zugrunde gelegt habe.

Oberflächen- und Fließgewässer seien aber kein Trinkwasser. „Sie enthalten Bakterien, Salze und zahlreiche Chemikalien natürlichen und menschlichen Ursprungs, die weit über den Grenzwerten für Trinkwasser liegen“, stellte die Bayer AG klar. Mitte September werden die Mitgliedstaaten in die Debatte um die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat eintreten.

Bereits im Oktober könnte eine Entscheidung fallen. Die aktuelle Zulassung des Wirkstoffs läuft am 15. Dezember aus. In Deutschland soll nach dem Willen der Ampel-Koalition ab dem kommenden Jahr kein Glyphosat mehr eingesetzt werden dürfen.
AgE
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