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08.03.2024 | 00:49 | Aktueller Rat Pflanzenschutz 

Wintergetreide: Gräserbekämpfung gilt die erste Priorität

Karlsruhe - M. Kreh, versierter Pflanzenschutzberater im Landwirtschaftsamt Ravensburg informiert heute über den Stand des Wintergetreides und gibt dabei wichtige Tipps zu anstehenden Feldarbeiten.

Herbstbehandlungen
(c) proplanta
Die Wintergetreidebestände präsentieren sich in den meisten Fällen sehr gut entwickelt. Auch die ehemals gelben Gerstenbestände sind wieder ergrünt und wachsen dank der ausgebrachten Dünger und den steigenden Tagestemperaturen nun munter los. Die Nächte werden aber vor allem zum Wochenende hin eher frisch bleiben, mit leichten Nachtfrösten und somit das Wachstum doch noch etwas bremsen.

Wenn im Idealfall die Herbstbehandlungen gut gewirkt haben, sind keine Gräser vorhanden und es sind nur vereinzelt vorkommende Zweikeimblättrige zu behandeln. Das macht die Anwendungen günstiger und meistens auch verträglicher für den Getreidebestand. Wenn auch keine Unkräuter zum aktuellen Zeitpunkt vorhanden sind, kann evtl. komplett auf eine Behandlung verzichtet werden.

Dort wo im Herbst noch keine Herbizidmaßnahme stattgefunden hat, sind die Flächen nun schleunigst zu kontrollieren und eine Entscheidung zu treffen. Durch die bereits recht warmen Temperaturen am vergangenen Wochenende hat die Vegetation schon losgelegt, einige wenige Unkräuter wie z.B. der Ehrenpreis tragen bereits die ersten Blüten. Wenn Ackerfuchsschwanz (erkennbar am rot gefärbten Blattgrund) ein Problem auf Ihren Flächen ist, sollte dort auch eine gezielte Kontrolle und Behandlung stattfinden. Behandlungen sollten aber nicht auf gestresste Bestände gesetzt werden, wenn starke Nachtfröste (unter -2°C) vorhergesagt werden oder wenn gewalzt oder gestriegelt wurde (3 Tage Wartezeit).

Für einen guten Behandlungserfolg muss die Luftfeuchtigkeit höher als 60% sein. Planen Sie die Applikation in die Morgen- oder Abendstunden bei möglichst windstillen Bedingungen und beachten Sie die gute Benetzung, z.B. mit 03er Doppelflachstrahldüsen und mind. 300L Wasser/ha. Empfohlen werden kann eine Anwendung bei strahlungsreicher Witterung zu Ende einer Schlechtwetterperiode in eine Schönwetter- bzw. Hochdruckwetterphase hinein. Nach der Gülledüngung sollte gewartet werden, bis die Blätter wieder sauber sind, ansonsten können der Blätter der Ungräser/Unkräuter nur unzureichend mit Spritzbrühe benetzt werden. Auf Standorten mit Resistenzproblemen sollte überdacht werden, die chemische Herbizidmaßnahme mit einer mechanischen Bekämpfung zu verknüpfen. Es konnte beobachtet werden, dass nach einer Behandlung bspw. der Fuchsschwanz nicht komplett abgestorben war, er konnte aber 7-14 Tage nach der Behandlung noch mit dem Ackerstriegel herausgezogen war, da die Wurzeln abrissen.

Der Gräserbekämpfung gilt die erste Priorität. Sollte diese nötig sein, so achten Sie bei der Mittelwahl ist auf einen konsequenten Wechsel von Wirkstoffen mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen Mittel der Wirkstoffklasse 1, z.B. Axial 50, sollten bevorzugt in der Wintergerste zur Anwendung kommen. Hier stehen keine anderen Wirkstoffe als Pinoxaden zur wirksamen Ackerfuchsschwanz-bekämpfung im Frühjahr zur Verfügung. Es empfiehlt sich Axial 50 solo zu fahren und wenn nötig die bekannten Mittel gegen breitblättrige Samenunkräuter fünf Tage später anzuwenden. Bei Mischungen der Unkrautmittel mit Axial 50 ergibt sich eine verringerte Wirksamkeit von Axial 50. In Winterweizen stehen gegen Acker-Fuchsschwanz mehrere Wirkstoffe aus der Gruppe der Sulfonylharnstoffe (Mesosulfuron, Iodosulfuron, …) zugehörig zur Wirkstoffklasse 2 zur Verfügung. Diese sind enthalten in Atlantis flex, Niantic (entspricht dem „alten“ Atlantis WG) und dem „neuen“ Incelo.

Für Atlantis flex gilt die Empfehlung bei normalem Besatz mit 200g/ha + 0,6l/ha Biopower, bei schweren Böden und starkem Besatz sogar 330g/ha +1,0 Liter/ha Biopower zu behandeln. Alternativ ist auch Niantic mit 500g/ha + 1,0 Liter/ha Probe möglich. Beachten Sie besonders bei diesen Produkten die oben genannten Anwendungsbedingungen. Bei Niantic und Atlantis flex sind die Drainage-Auflagen zu beachten. Zur Wirkungsabsicherung ist eine Zumischung von bis zu 30 Liter/ha AHL empfehlenswert. Das AHL sorgt dafür, dass der Tropfen auf dem Blatt länger in flüssiger Form bleibt und nicht so schnell vertrocknet. Somit bleibt dem Wirkstoff länger Zeit auf dem Blatt des Ackerfuchsschwanzes einzudringen.

Praxistipps: Sollten bei den Unkräutern in bekämpfungswürdigem Ausmaß vorhanden sein, ist es angeraten diese auch zum jetzigen Zeitpunkt separat zu behandeln und nicht das Herbizid zu einem späteren Zeitpunkt mit einer Wachstumsregler-Applikation zu mischen. Zumischpartner gegen Zweikeimblättrige sind zumeist gegen eine breitere Palette an Mischverunkrautung wirksam, stimmen Sie dennoch diese Produkte aber vorrangig auf Ihre speziellen Unkräuter ab und beachten Sie die verschiedenen Stärken und Schwächen. Hier empfiehlt es sich gezielt die Leitunkräuter, die später stark ertragsmindernd sein können, z.B. Klettenlabkraut auszuschalten.

Der Bekämpfungsrichtwert liegt hier bei 0,1 Pflanzen/m². Besonders der Wirkstoff Fluroxypyr, in den Produkten Tomigan 200, Ariane C, Omnera LQM, ist hier gut geeignet. Hier gilt es aber unbedingt die warmen, wüchsigen Bedingungen zu beachten, die aktuell noch nicht vorherrschen. Wirksame Mittel sind ebenso Saracen, Biathlon 4D, Pointer Plus, Flame Duo etc ... mit dem Wirkstoff Florasulam. Mit Pointer Plus, Biathlon 4D und Ariane C lässt sich die Ackerkratzdistel ebenso gut in Schach halten. Beim häufig vorkommenden, aber schwer zu bekämpfenden Ehrenpreis haben die Produkte Alliance, Antarktis, Artus und Pixie Pack die beste Wirkung. Die gängigen Sulfonylharnstoffe haben hier Wirkungslücken. Beachten Sie auch die Gefahr der Resistenzentwicklung, wenn nur die Wirkstoffklasse 2 (Sulfonylharnstoffe) angewendet wird.

Das Ziel bei der Unkrautbekämpfung ist schlussendlich nicht der blitzsaubere Acker, sondern nur die ertragsrelevanten Unkräuter einzudämmen. Nicht stark ertragsmindernde Unkräuter dürfen auch gerne mal im Bestand „unten drin“ stehen bleiben.

Achtung: Vermeiden Sie Mischungen von Herbiziden mit CCC-Wachstumsreglern. Auch eine Herbizidbehandlung mit Sulfonylharnstoffen kann schon ein wenig zum Homogenisieren/Angleichen der Bestände führen. Gezielte Informationen hierzu finden Sie in der Broschüre „Integrierter Pflanzenschutz 2024“ ab Seite 47. Diese Broschüren liegen bei den Landhändlern in der Region aus. Sollten diese dort nicht ausliegen, so fragen Sie bitte direkt nach.

Sollten Sie ein spezielles Problem haben oder sich in Ihrer Herbizid-Strategie unschlüssig sein, so melden Sie sich bitte bei uns.

(Informationen des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 07.03.2024)
LTZ Augustenberg
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