Die EU-Kommission soll eine taugliche Umsetzung sicherstellen. (c) proplanta
Das gemeinsame Ministerschreiben an EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius geht auf eine Initiative der deutschen Ressortchefs Cem Özdemir und Steffi Lemke zurück. Danach soll die EU-Kommission angemessene Maßnahmen vorlegen, die eine verantwortungsvolle und nahtlose Anwendung der Verordnung sicherstellen.
Özdemir bekannte sich am Dienstag (30.4.) in Berlin zu der Verordnung, die „ein Meilenstein für globalen Waldschutz und nachhaltigere Lieferketten“ sei. Für eine realitätstaugliche Umsetzung sei die Kommission allerdings ihre Hausaufgaben bisher schuldig geblieben: Ohne ein Länder-Benchmarking drohe ab 2025 unverhältnismäßig hohe Bürokratie für Klein- und Kleinstwaldbesitzer sowie die Verwaltung. „Das müssen wir verhindern“, mahnte der Grünen-Politiker. Mitgetragen werden die Forderungen von Bulgarien, Estland, Irland, Luxemburg, den Niederlanden, Slowenien, Spanien und Ungarn.
Betriebe brauchen Planungssicherheit
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Mackensen-Geis begrüßte die Initiative und forderte Planungssicherheit für die hiesigen Betriebe: „Entweder die EU-Kommission liefert die Voraussetzung dafür, dass Länder wie Deutschland mit einem geringen Risiko für Entwaldung entsprechend kategorisiert werden, oder verlängert die Übergangsfrist zur Anwendung der Verordnung“, erklärte die SPD-Politikerin gegenüber AGRA Europe.
Hintergrund für den Unmut sind Verzögerungen der Brüsseler Administration beim Benchmarking, um das Entwaldungsrisiko für alle Produktionsländer zu beurteilen. Ohne Benchmarking würden alle Länder gleich eingestuft. Dies hätte zur Folge, dass Deutschland einen unverhältnismäßig großen bürokratischen Aufwand betreiben müsste.
Digitales EU-Informationssystem läuft nicht
Noch nicht fertig ist zudem das digitale EU-Informationssystem, das die zentrale Grundlage für die Meldungen der beteiligten Wirtschaft und die Kontrollen durch staatliche Stellen bilden soll. Hier drängt die Zeit, damit sich Wirtschaft und Behörden rechtzeitig vorbereiten können.
Die Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten regelt in allen EU-Mitgliedstaaten, dass die Rohstoffe Soja, Ölpalme, Rinder, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus hergestellte Erzeugnisse nur dann in den Unionsmarkt ein- oder ausgeführt oder darauf bereitgestellt werden dürfen, wenn diese nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen und gleichzeitig im Einklang mit den Gesetzen des Ursprungslands produziert wurden. Die Verordnung ist im Juni 2023 in Kraft getreten. Ab Ende 2024 müssen die neuen Regelungen angewendet werden.
Praktikable Anwendung ermöglichen
Unterdessen hat Bayern einen Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht, in dem eine wirtschaftsverträgliche und praktikable Umsetzung der EUDR angemahnt wird. Angesichts zahlreicher offener Fragen müssten die Fristen für die Implementierung der Verordnung verlängert werden, sodass den betroffenen Unternehmen eine praxistaugliche und rechtssichere Umsetzung möglich sei, heißt es in dem Antrag.
In Mitgliedstaaten und Regionen, in denen nachweislich kein Risiko einer Entwaldung im Sinne der EUDR bestehe, müssten Rohstoffproduzenten von vermeidbarer, zusätzlicher Bürokratie befreit werden. Schließlich sei weiteren Marktteilnehmern eine praxistaugliche und rechtssichere Anwendung der Regelungen zu ermöglichen, sodass Lieferengpässe bei wichtigen von der EUDR betroffenen Produkten vermieden werden.
Jährliche Geolokalisierung der Holzernte
Nach derzeitigem Stand würden Waldbesitzer, aber auch Rindfleisch- und Sojaerzeuger bei der geforderten Erfüllung von Transparenz- und Kontrollverpflichtungen einem unverhältnismäßigen und zur Erreichung des Verordnungszweckes unnötigen Aufwand unterworfen, so die Befürchtung in München. Als Beispiel wird eine jährliche Sorgfaltserklärung genannt, in der unter anderem der Ort der Holzernte durch Geolokalisierung anzugeben ist. Darüber hinaus werde die Verordnung auch für Landwirtschafts- und Ernährungswirtschaftsbetriebe mit Bezug zu Rindfleisch und Soja zusätzlichen bürokratischen und finanziellen Aufwand mit sich bringen.