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28.07.2022 | 00:51 | Ernährungskrise 

Mit neuer Agrarpolitik gegen den weltweiten Hunger?

Berlin - Angesichts der weltweiten Hungerkrise fordert das evangelische Hilfswerk «Brot für die Welt» eine Aufstockung der staatlichen Finanzhilfen sowie ein grundlegendes Umsteuern bei der Landwirtschaft.

Welternährung
Jeder zehnte Mensch geht derzeit hungrig ins Bett. Der Krieg in der Ukraine hat die Ernährungskrise verschärft, doch die eigentlichen Ursachen liegen tiefer. Experten mahnen deshalb ein grundsätzliches Umdenken an. (c) Blasius Mrowiec - fotolia.com
Neben Krieg, Inflation, Klimawandel und Corona gehöre eine verfehlte globale Agrarpolitik zu den größten Treibern der aktuellen Ernährungskrise, bemängelte die Präsidentin der Organisation, Dagmar Pruin, am Mittwoch in Berlin.

Schon jetzt hungern nach jüngsten Angaben der Welthungerhilfe weltweit bis zu 828 Millionen Menschen. Die Vereinten Nationen warnten kürzlich vor der größten Hungersnot seit Jahrzehnten, weil der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zusätzlich den Weizenexport massiv beeinträchtigt.

Doch beim Weizen gebe es eigentlich «keine Mengenkrise», sondern nur eine «Verteilungskrise», erläuterte Pruin. Zu viel davon komme bei Massentierhaltung und Bio-Treibstoff zum Einsatz, lande statt auf dem Teller der Menschen also eher «in Tank und Trog». Francisco Marí, Ernährungsreferent bei «Brot für die Welt», empfiehlt daher zur Bekämpfung der Weizen-Knappheit: «Weniger Schnitzel und weniger Raserei auf der Autobahn».

Darüber hinaus bemängelt die Organisation die Agrarsubventionen der Industrieländer. Dadurch würden die Märkte der ärmeren Länder überschwemmt und lokale Produzenten verdrängt, was wiederum zur Importabhängigkeit des globalen Südens führe - wie gerade bei den Folgen des Ukraine-Kriegs zu beobachten.

«Die Antwort auf die aktuelle Hungerkrise muss deshalb ein faires Handelssystem sein», erläuterte Pruin und verwies auf ein Projekt ihrer Organisation im afrikanischen Burkina Faso: Dort werden Kleinbauern beim Anbau traditioneller Hirsesorten unterstützt, die weniger Wasser und keinen Kunstdünger benötigen.

Nach dem neuesten Jahresbericht fördert «Brot für die Welt» mehr als 1.800 Projekte in fast 90 Ländern. Durch Spenden, Kollekten sowie Zuschüsse von Kirche und Bund standen dafür im vergangenen Jahr 277,7 Millionen Euro zur Verfügung.

Kurzfristig hält Pruin aber zusätzliche staatliche Finanzspritzen für dringend erforderlich: «Um Millionen Menschen vor dem Verhungern zu retten, müssen die reichen Industrieländer sofort mehr Geld für die Nothilfe bereitstellen.» So deckten die beim G7-Gipfel zugesagten 4,5 Milliarden US-Dollar gerade einmal 20 Prozent der vom UN-Welternährungsprogramm benötigten Summe.
dpa
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