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20.06.2021 | 10:41 | Risikobewertung 

Keine Neueinstufung von Glyphosat hinsichtlich Gefährlichkeit

Parma - Das Gefahrenpotential von Glyphosat bedarf hinsichtlich der Kanzerogenität und Reproduktionstoxizität sowie der Mutagenität von Keimzellen keiner Neueinstufung.

Glyphosat
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(c) proplanta
Das hat eine neuerliche Bewertung des umstrittenen Herbizidwirkstoffs ergeben. Demnach kommen nach aktuellemWissensstand keine neuen Risiken zu dem bislang bekannten Gefährdungspotential hinzu. Dies geht aus einer umfangreichen Stellungnahme der vier berichterstattenden EU-Mitgliedstaaten Frankreich, Ungarn, die Niederlande und Schweden hervor, die vergangene Woche (15.6.) von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Parma vorgelegt wurde.

Die aktuelle, EU-weite Marktzulassung für Glyphosat läuft am 15. Dezember 2022 aus. Wie auch bisher wird der Pflanzenschutzmittelwirkstoff in der aktuellen Bewertung bei direktem Kontakt für schwere Augenschäden verantwortlich gemacht und langfristig als giftig für Wasserorganismen eingestuft.

Nun obliegt es der EFSA sowie der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), parallele Konsultationen zum Berichtsentwurf zu organisieren. Diese Befragungen sind öffentlich und sollen Anfang September starten. Sobald die ECHA ihr Gutachten angenommen hat, wird die EFSAeigenenAngaben zufolge ihr „Peer-Review“ abschließen und ihre Schlussfolgerungen voraussichtlich Ende 2022 veröffentlichen. Auf Grundlage dieser Risikobewertung wird die EU-Kommission den Mitgliedstaaten einen Vorschlag zu Glyphosat präsentieren.

Die Kontroverse geht weiter

Ende 2017 hatten die EU-Mitgliedstaaten nach zuvor sehr langem und zähem Ringen mehrheitlich der erneuten Zulassung des Herbizidwirkstoffs um fünf Jahre zugestimmt. Neben Deutschland hatten sich seinerzeit 17 weitere EU-Staaten für dieWiederzulassung ausgesprochen, darunter Spanien, Polen, die Niederlande, Dänemark und Rumänien.

Dagegen hatten neun Länder gestimmt, unter ihnen Frankreich, Italien und Österreich. In Berlin hatte das Ja Deutschlands, das für die qualitative Mehrheit entscheidend gewesen war, für Furore gesorgt, da die betreffende Anweisung durch den damaligen Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt gegen das ausdrückliche Veto des Umweltressorts erfolgt war.

Während der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Industrieverband Agrar (IVA) die Entscheidung damals grundsätzlich begrüßten, die verkürzte Zulassungsdauer aber scharf kritisierten, hatten Umweltverbände die Neuzulassung als „Kniefall vor der Agrarlobby“ verurteilt.

Kritik von Ebner

Nach den Worten des Sprechers für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Harald Ebner , erstaunt die Bewertung vor allem vor dem Hintergrund von „tausenden Klageverfahren“ in den USA gegen die Bayer AG „aufgrund von vermehrten Krebserkrankungen bei Anwendern“. Besonders stutzig macht Ebern zufolge die Tatsache, dass offenbar auch keine neuen Zulassungsstudien zu Krebs in Tierexperimenten durchgeführt worden seien. Aktuelle Langzeitstudien fehlten ebenfalls, monierte der Grünenpolitiker.

Dass die aktuelle Bewertung nun im Wesentlichen weiter auf alten Studien auf Basis teilweiser überholter Leitlinien oder mit zweifelhaften Kontrolldaten beruhen solle, bezeichnete der Bundestagsabgeordnete als „unfassbar“. Gegensätzlich argumentierte derweil die Präsidentin des EU-Ausschusses der Bauernverbände (COPA), Christiane Lambert. Die Bewertung über die Sicherheit von Glyphosat sollte ihrer Ansicht nach Wissenschaftlern und anderen Experten überlassen werden. Zudemdürfe die Frage nach einer erneuten Zulassung des Wirkstoffs nicht durch ideologische Debatten überlagert werden.
AgE
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