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26.04.2024 | 00:01 | agricola pro agricolas 

Pusteblume Frau Kaniber: 30 % Bio bleibt sexy Lifestyle-Illusion

Eröffnen wir mit Peter Lustig diese Kolumne, ein deutscher Fernsehmoderator und Kinderbuchautor, dessen Markenzeichen seine Latzhose war und dessen Kult-Kindersendung gleichermaßen beliebt war bei den Kleinen und den Großen vor den Bildschirmen, der ganze Generationen beeinflusste, förmlich in seinen Bann zog – bis zum heutigen Tage.

Pusteblume
(c) proplanta
Nicht allen Kinderbuchautoren gelingt das. Ehemals ging Löwenzahn unter „Pusteblume“ auf Sendung…

Davon animiert, widmen wir uns also kurz der Botanik und Bionik unserer Löwenzahnsamen. Diese fliegen weit aufgrund eines bislang eher unbekannten Strömungsverhaltens, wie ein Physikerteam an der Universität Edinburgh unlängst herausgefunden hat, publiziert im Fachmagazin „Nature“. Das Team um Ignazio Maria Viola fand heraus, dass ein aerodynamisches Geschehen in der direkten Umgebung der kleinen Schirmchen passiere – wissenschaftlich korrekter ausgedrückt fluiddynamisch – und nicht, wie bislang angenommen, die Härchen eben einen Luftwiderstand haben und all diese Luftwiderstände sich aufaddieren. Damit werde logischerweise ganz simpel der Fall gebremst.

Pusteblumen als ausgereifte Varianten pflanzlicher Flugapparate wurden entdeckt. Wichtig, dass die Filamente (Staubfäden der Blüte) wie ein geschlossener Schirm wirken, aber dennoch eine bestimmte Menge Luft hindurchströmt, damit ein stabiler Wirbel entstehen kann. Genau auf diesen ist Verlass. Entscheidend die Druckunterschiede, die sich rund um den Samen mit seinen Schirmchen ergeben: Luft, die durch die Filamente hindurchströmt, hat einen vergleichsweise niedrigen Druck, Luft über dem Schirmchen hingegen einen eher hohen.

Ähnlich dem Wetter, wo Luft aus Gebieten mit hohem Druck in Richtung des niedrigen fließt, bildet sich faktisch eine Zone ohne Luftbewegung kurz über dem Schirmchen. Durch die Kombination all dieser Faktoren und dem steten Luftnachschub durch die Filamente entsteht der Wirbel, der anders als ähnliche Wirbel, die in der Aero- und Flugdynamik zu beobachten sind, nie abreißt. Solange der Samen fliegt, bleibt er immer stabil und damit auch der Flug, der unsere Pusteblumensamen nie ins Taumeln geraten lässt...

Jetzt wohl die kopfschüttelnde Frage der Leserschaft: Und was hat das jetzt mit dem BIO-Landbau, den gesetzten Ausbauzielen im Generellen zu tun?

Nun, unsere Mutter Natur als grandioser Lehrmeister gibt hier atemraubend beispielhaft in einem Allround-Portfolio vor, wie sie sich selbst äußerst beeindruckend im Verlaufe unserer Menschheitsgeschichte schon immer anzupreisen weiß; jederzeit präsent mit ganz selbstverständlichen bildlichen Attitüden, die optisch einfach eine immer wiederkehrende Trivialität illustrieren; und dennoch als solche bis zum heutigen Tage für eine kleine Überraschung en détail gut sind.

Pusteblume, wer da denkt, man habe ein so simples „Naturwunder“ mittlerweile geistig längst abgehandelt. Ja, der mag wohl irren– und schon gibt‘s eins auf die Nase, werden den Vorwitzigen neue Grenzen aufgezeigt. Die vielen Lektionen, aus denen wir lernen und anwenden könn(t)en, werden uns bisweilen wohl viel zu leise zugeflüstert, als dass wir für diese in unserer heutigen schnelllebigen und extrem lauten Zeit wolllüsternen Dranges für nur Bruchteilmomente der Unterbrechung einzig unsere unbändige Selbstverwirklichung zähmen wollten.

Natur verstehen – Natur begreifen

Bio-Ausbau bis 2030: 30 Prozent unserer Agrarfläche unter ökologischer Bewirtschaftung?

Unsere „schöne Michaela“ der bayerischen Agrarszene, Söders heute wahr gewordenes leibhaftiges Bildnis einer bajuwarischen Madonna der Gegenwart, warnte jüngst erst in der regionalen Tagespresse, dass der Bio-Ausbau ins Stocken gerate. Die anvisierte Zielmarke von 30 % bis 2030 ist gegenwärtig nicht einmal zur Hälfte erfüllt. Dabei wenig tröstlich, dass ca. 13 % aller BIO-Höfe bundesweit, fast ein Viertel der Ökoflächen hierzulande laut den Daten, Fakten und Zahlen der Agrarstrukturerhebung im Laptop-Lederhosenland angesiedelt sind. Von den selbst gesteckten Zielen ist man dato also noch weit entfernt.

Vor fünf Jahren verpflichtete die Staatsregierung nach dem erfolgreichen Volksbegehren „Rettet die Bienen“ per Gesetz zu der in Rede stehenden BIO-Ausbau-Zielmarke von 30 Prozent. 2023 nur mäßig gefeierte knapp 14 %, eine Steigerung von gerade mal 1 % als mickriger Zuwachs gegenüber dem Vorjahr. Heute bedürfte es einer „Rettet die Bauern-Gegeninitiative“, so man zu einem reputierlichen Denken befähigt wäre. Aber sei’s drum – Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall.

„Unrealistisch“, bezweifelte der Agrarökonom Achim Spiller daselbst vor einem Jahr im Agrarausschuss des Landtages, was die bayerischen Grünen mit einer Kampfansage beantworteten: Mit großen Versprechungen nach draußen aufgewartet, muss man umso mehr dafür fighten, gerade wenn es einmal schwierig wird, so unisono der grüne Tenor.

Unsere liebe Frau Kaniber selbst habe nach eigenem Bekunden das Ziel fest vor Augen, man sehe sich auf einem guten Weg, unterstütze daher alle umstellungswilligen Betriebe im Freistaat nach Kräften – 120 Mio. jährliche Ökoförderung in Bayern. Welch luxuriöse Geldverschwendungssucht in Zeiten einer nachweislichen Geldnot.

Nun aber folgt auf dem Fuße das riesige Fragezeichen, im Raum unumgänglich steht ein entscheidendes ABER(!): In einer Blase abgeschottet, den Öko-Landbau vorbei am Markt zu entwickeln, hätte fatale Konsequenzen! Bedingt durch eine hohe Inflation verzeichnete BIO in 2022 einen Absatzrückgang hier in Deutschland, langsam steige die Nachfrage wieder, man mutmaßt vorausschauend in 2024 steigende Umsätze bei einem quotalen BIO-Anteil von 6 %(!) in der Lebensmittelbeschaffung unserer Verbraucher.

Randnotiz: Wer auch soll das bezahlen? So viel Restmonat noch und kein Geld mehr auf dem eigenen Haushaltskonto? Verheißt BIO damit zwangsläufig, kollektives Gras- und Blümchenrupfen, auf unseren farbenprächtigen Naturwiesen die pralle Fülle für Überlebenshungrige, damit das eigene Bäuchlein endlich aufhört zu knurren?

Selbst unsere tüchtig erfolgreichen Bajuwaren brauchen jetzt also den Doppel-Wumms à la Olaf Scholz – sonst wird das nix! Ein Thomas Lang, Chef der Landesvereinigung für Ökologischen Landbau, fordert in erster Linie auch einen deutlichen Bürokratieabbau für Bio-Betriebe, die zum Teil den gleichen Dokumentationsaufwand hätten wie die konventionellen Kollegen. Wie unverschämt aber auch? (Ironie off)

Ein Paradoxon schlechthin! Es wäre mir nicht geläufig, dass die augenscheinlich „eierlegende Öko-Wollmilchsau“ besser ist – gesünder ist (siehe jüngster Öko-Nudeltest hinsichtlich einer Fusarien-Toxinbelastung) – klimafreundlicher ist – preislich wettbewerbsfähig ist, selbst für jeden kleinen Geldbeutel.

Darüber hinaus müsste, so Lang, auch mehr Bio in staatlichen Kantinen, Kitas, Schulen und Kliniken angeboten werden. Ohne ein solch klares Bekenntnis gerade in den öffentlichen Bereichen mit einem verbindlichen Anteil von mindestens 50 % trete man auf der Stelle.

Hier ruft mich ein aktuelles Paradebeispiel sanft lächelnd sofort auf den Plan:

Die größten Handlungsspielräume unseres Vater Staates hier realiter einen Hebel anzusetzen, ist der Betrieb von Kantinen landauf, landab, betrieben nicht selten von öffentlicher Hand. Die dortigen Verantwortlichen sind sowohl für die baulichen Anlagen wie auch für das Einkaufsmanagement zuständig.

Abbilden lassen sich diese ineinander verzahnten Problemstellungen solcher Kantinenbetreiber in öffentlich-rechtlicher Hand, hier dem Bayerischen Rundfunk, einer Anstalt des Öffentlichen Rechtes, der im eigentlichen aus den Vollen schöpfen kann.

In 2015 hat man sich in selbigen Reihen für den Neubau einer Kantine entschieden, bei Baubeginn war das Investment dafür angesiedelt bei etwa knapp 4 Mio., welche die Zwangsmitglieder u.a. auch hierfür bereitstellen müssen. Vor kurzem in 2024 in Betrieb genommen, schlug die reale Bausumme mit knapp 16 Mio. zu Buche, immerhin eine Vervierfachung des ursprünglichen Kostenrahmens. Jetzt muss man also flugs an irgendeiner Stelle Einsparungen umsetzen, nach wie vor ohne großes Mucken und Murren gelingt das an unterster Front beim Wareneinkauf. Wer BIO auf den Tellern dort sehen möchte, der muss genau dieses zunächst spottbillig einkaufen. PUNKT!

Angesichts solcher Gemengelagen dürften selbst einer medienwirksam äußerst rührigen Frau Kaniber die gepflegten Hände damit erheblich gebunden sein.

Stickstoffsammler für den BIO-Landbau

Im BIO-Landbau braucht man „Stickstoffsammler“, deshalb ist der Leguminosenanbau, z.B. mit dem Einsatz von mehrjährigem Kleegras, da unverzichtbar. Nachdem eine solche Verwertung über den Tiermagen von heute auf morgen absolut an Grenzen stößt, weil in erster Linie unsere friedliebend pupsenden Wiederkäuer heute agrarpolitisch verpönt sind, stellt sich im Nachgang sofort die berechtigte Frage: Welche alternative Verwertung innerhalb eines sinnvollen Wertschöpfungskreislaufes für eben diesen Aufwuchs böte sich an?

Als neuer Rohstoff „grün-geistiger Vergärung“ natürlich die Stromerzeugung open end in unseren Biogasanlagen, einem durchaus hehren BIO-Ansinnen, nutzte man da doch die Vergärung in einem Biogas-Fermenter.

Vollkommen widersinnig macht man aber auch dieser Branche zunehmend den Garaus. Bei sehr vielen Biogasanlagen-Betreibern steht nach der in Bälde ablaufenden 20-Jahres-Frist der Sensenmann bereits vor deren Hoftoren.

BIO im generellen ist eben nicht immer der entsprechend gehypte BIO-BOOM als Zeichen dieser Zeit!

Der Ausschreibungsmechanismus der Bundesnetzagentur begünstigt nur eben jene Betreiber, die bereitwillig auch in diesem Umfeld mit günstigsten Preisen „punkten“ können. Damit ist der sichere Tod vieler dieser Betreiber bereits besiegelt.

Der eine oder andere clevere Biogasanlagenbetreiber hat in einer sinnvollen Allroundnutzung ein Nahwärmekonzept ausgearbeitet und in die Praxis umgesetzt. Müssen dieselben ihren erzeugten Strom nach Fristablauf quasi verschenken, ist die erzeugte Wärme für die an einem solchen Netz bereits hängenden Verbraucher einfach unbezahlbar.

Unser „Bundeslastverteiler“ Klaus Müller mit seiner geradezu diktatorischen Gangart auf seinem Chefsessel thronend bei der Bundesnetzagentur zeigt dahingehend kaum Diskussionsbereitschaft. ER(!) gibt die Richtung narzisstisch irrlichtern vor, ob BIO-Gas auch fernerhin Sinn macht; … oder auch nicht. Diese Frage stellt sich ihm augenscheinlich wohl einfach nicht?

Gerade der Aufwuchs auf unserem unter höchstem Schutzstatus stehenden Grünland könnte in den Biogas-Fermentern kleine Biogasreaktoren äußerst nutzbringend veredelt werden gleich in mehrfacher Hinsicht: Zum einen durch die Stromerzeugung und damit einhergehend einer sich anbietenden Nutzung der entstehenden Abwärme, einem Abfallprodukt, das sich für verschiedentliche Wärmenutzungskonzepte förmlich anbietet – auch für unsere öffentlichen Bereiche, für öffentliche Kantinen, etc. pp.

Vielleicht aber hat ein Protagonist Müller in seinem Hinterstübchen in eben diese Richtung die botswanischen Elefanten noch nicht gänzlich ad acta gelegt;...bekämen wir diese schließlich geschenkt. Ein solches sprichwörtlich „riesiges Geschenk“ sollte man nicht ausschlagen wollen, selbst wenn auf demselben Wege die schlechteste Futterverwertung erst einmal an den Start ginge, ganz zu schweigen über die ganzen Natur-Nachwehen in Folge.

Alles Pusteblume…

Das komplex einzigartige Naturschauspiel der Pusteblume hat die Zeiten überdauert, inszeniert sich fortwährend immer wieder aufs Neue, hingegen wird eine elitär narzisstische, irrlichtern verbrämte Ideologie, alleinig geprägt von Schreibtischdiktaten fernab von jedwedem Praxisbezug, krachend zum Scheitern verdammt sein, weil unsere Mutter Natur sich derart eben nicht missbrauchen lässt, ...glücklicherweise!

Eine sexy Lifestyle-Illusion en vogue kreiert in der heutigen Moderne das „Must-have“:

Schlussendlich kaufen wir nicht das, was wir haben möchten. Wir konsumieren, was wir sein möchten. Genau darauf gründet eine schon geradezu wahnwitzige BIO-Lüge, die sich so schlichtweg nicht jeder Otto Normalbürger leisten kann. Eben diese „Schickimicki-Genussgaumenhäppchen“ werden sich Stand heute nicht in den 30 % einer absolut geerdet überzeugungstauglichen klima- und ökologiefreundlichen Gesellschaft abbilden lassen, sofern diese auf Geheiß einem politischen Ernährungsdiktat Folge leisten muss, wozu schon einmal gar nicht alle(!) Beteiligten imstande sind. Soweit sind wir noch lange nicht, nicht einmal nur gefühlt. – Pusteblume!

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