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18.09.2023 | 10:12 | Energiepolitik 

Novelle der EU-Richtlinie über erneuerbare Energien auf der Zielgeraden

Brüssel - Die Überarbeitung des gesetzlichen Rahmens für erneuerbare Energien in der Europäischen Union steht kurz vor dem Abschluss.

EU-Energiepolitik
Europaparlament segnet Trilog-Einigung zu RED III ab - Formale Zustimmung des Rates steht noch aus - Nach Inkrafttreten bleiben den Mitgliedstaaten 18 Monate für die Umsetzung - Kritik aus der Biogasbranche - Verbände warnen vor drohendem Rückbau von Anlagen. (c) proplanta
Das Europaparlament segnete am Dienstag vergangener Woche (12.9.) die Trilog-Einigung zur Novelle der unter dem Kürzel RED III bekannten Richtlinie ab.

Die EU-Gesetzgeber hatten sich im April auf die endgültige Fassung verständigt. Nun steht noch die Zustimmung des Rates aus; dies gilt als Formalie, da der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (COREPER) schon im Juni grünes Licht gegeben hat.

Nach Inkrafttreten haben die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit, die neuen Regelungen umzusetzen. Gemäß der überarbeiteten Richtlinie soll der Anteil der Erneuerbaren am Endenergieverbrauch in der EU bis 2030 auf mindestens 42,5 % angehoben werden, der bisherige Zielwert beträgt 32 %.

Anders als zwischenzeitlich diskutiert wird Brennholz auch in Zukunft als erneuerbarer Energieträger gelten und darf auch als solcher weiterhin unterstützt werden, wenn auch mit Einschränkungen. Nach wie vor kritisch werden von den betroffenen Branchenverbänden die neuen Rahmenbedingungen für Biogasanlagen gesehen.

Pragmatische Umsetzung angemahnt



„Die neuen Vorgaben der RED III zur Treibhausgasbilanzierung ab 2026 bedrohen den Fortbestand zahlreicher Biogasanlagen“, warnte der Vorsitzende des Bundesverbandes Bioenergie (BBE), Artur Auernhammer. Die nationale Umsetzung müsse „pragmatisch und im Sinne einer erfolgreichen Energiewende“ erfolgen, um den Rückbau von Anlagen zu vermeiden. Deutschland könne sich in der Branche keinen „Kahlschlag“ erlauben.

Nach Angaben des BBE sieht die Novelle vor, dass Biogasanlagen zwischen 2 MW und 10 MW Gesamtfeuerungswärmeleistung, die vor dem 31. Dezember 2020 in Betrieb genommen worden sind, 80 % an Treibhausgasminderung nach 15 Betriebsjahren und frühestens ab 2026 erfüllen müssen, um weiterhin förderfähig zu sein.

Den Verbandsangaben zufolge betrifft das alle größeren Anlagen, die bis 2011 ans Netz angeschlossen wurden. Da auf die Feuerungswärmeleistung abgestellt werde, seien insbesondere die politisch geförderten Flexanlagen betroffen, erläuterte der Bundesverband.

Berechnungsgrundlagen nicht vorhanden



Laut dem Fachverband Biogas (FvB) wird die mit RED III geforderte Treibhausgasminderung zu Problemen führen. „Anlagen, die bisher vor allem nachwachsende Rohstoffe eingesetzt hätten, müssten nun kurzfristig vermehrt auf Substrate umstellen, die eine höhere Treibhausgasminderung hätten, jedoch unter Umständen entweder nur schwierig zu bekommen oder aufgrund der Anlagenkonzeption nicht ohne weiteres technisch einsatzbar seien, erklärte FvB-Geschäftsführer Dr. Stefan Rauh. Außerdem fehlten Standardwerte für die Treibhausgasberechnung. Selbst internationale Forschungseinrichtungen müssten derzeit aufwändige und komplexe Berechnungen vornehmen, die von den landwirtschaftlichen Betrieben nicht geleistet werden könnten.

Holznutzung kontrovers gewertet



Auch die für Brennholz vorgesehenen Regelungen werden kontrovers beurteilt. Laut der Agrarkoordinatorin der liberalen Fraktion Renew Europe, Ulrike Müller, werden es die zunehmend komplexeren Nachhaltigkeitskriterien besonders Waldbesitzern schwer machen, Teil des Energiesystems zu bleiben. Rückwirkende CO2-Reduzierungsvorgaben für Biogasanlagen würden im guten Glauben getätigte Investitionen gefährden und Landwirte entmutigen, weiterhin zu investieren.

„Wir müssen bei den erneuerbaren Energien alle Energieträger nutzen, nicht nur Wind und Sonne“, erklärte Müller. Auch Biomasse sei ein Teil der Lösung. Ebenfalls nicht zufrieden zeigte sich der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Martin Häusling. Es sei ein „bitterer Wermutstropfen“, dass die Verbrennung von Holz weiterhin als Erzeugung erneuerbarer Energien eingestuft und entsprechend gefördert werden könne. Holz statt Kohle in Kraftwerken zu verbrennen sei eine „zu kurz gedachte Lösung und energiepolitische Sackgasse“.

Umweltverbände fordern Förderstopp



In Deutschland wandte sich eine Gruppe von Umwelt- und Naturschutzverbänden an Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck. Sie fordern, die Verbrennung von Waldholz deutlich zu begrenzen, um die „erheblichen negativen Auswirkungen“ der Holzenergie auf Wälder und Klima zu verringern.

Unter anderem sprechen sich die Verbände, darunter die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der World Wide Fund for Nature (WWF), dafür aus, jegliche Förderung der Holzverbrennung sofort zu beenden. Außerdem wird auf eine konsequente Bepreisung der entsprechenden CO2-Emissionen gedrängt.

„Die Verbrennung von Waldholz schadet dem Klima. Energie aus Holz darf daher nicht gleichrangig mit wirklich klimafreundlichen Erneuerbaren behandelt werden“, appellierten die Verbände an den Minister.
AgE
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