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28.08.2023 | 04:46 | DBV-Erntebilanz 
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Getreideaufkommen deutlich unter Vorjahresniveau

Berlin - Der Deutsche Bauernverband (DBV) rechnet mit einer nur unterdurchschnittlichen Getreideernte in diesem Jahr. Für den Verband ist derzeit nicht absehbar, ob die Marke von 40 Mio t noch erreicht werden kann.

Getreideernte 2023
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Die Landwirte haben bundesweit voraussichtlich nur rund 40 Millionen Tonnen vom Halm geholt - Rukwied erwartet deutliche Mengen- und Qualitätsverluste aufgrund der schwierigen Wetterbedingungen - Plädoyer für öffentliche Zuschüsse zu Mehrfachversicherungen - Unionsagrarsprecher Stegemann sieht Bauern bei der Ernte auch durch das derzeitige Regierungshandeln ausgebremst. (c) proplanta
Im vergangenen Jahr waren bundesweit rund 43 Mio t Getreide eingebracht worden. DBV-Präsident Joachim Rukwied sprach am vergangenen Dienstag (22.8.) auf der Ernte-Pressekonferenz in Berlin von deutlichen Mengen- und Qualitätsverlusten aufgrund der schwierigen Wetterbedingungen.

Der Bauernpräsident mahnte zu mehr Unterstützung bei der Anpassung an die neuen klimatischen Bedingungen. Konkret sprach sich Rukwied für öffentliche Zuschüsse zu Mehrfachversicherungen und die Förderung von Bewässerungsinfrastruktur aus. Neben dem schlechten Wetter hat nach Einschätzung des agrarpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, auch das derzeitige Regierungshandeln die Bauern bei der diesjährigen Ernte ausgebremst.

Stegemann forderte eine Rückkehr zu einer „faktenbasierten Politik“ und plädierte für die Zulassung moderner Züchtungsverfahren und Pflanzenschutzmittel. Auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Carina Konrad, pocht angesichts der schlechten Ernte auf ein entschlosseneres politisches Handeln.

Nur Wintergerste über Vorjahresniveau



Nach den bisher vorliegenden Zahlen werden sich laut DBV die diesjährigen Erträge beim Weizen deutlich unter den 2022 erreichten Werten bewegen. Nur die Wintergerste könnte mit einer Erntemenge von 9,5 Mio t die Vorjahresmenge von 8,7 Mio t übertreffen.

Beim Winterraps veranschlagt der Bauernverband die Gesamtmenge auf 4,07 Mio t, nach 4,28 Mio t im vergangenen Jahr. Rukwied bezeichnete die diesjährige Getreideernte als „echte Zitterpartie“: „Ein nasses Frühjahr, gefolgt von Trockenheit im Mai und Juni, und eine ständig durch Niederschläge unterbrochene Ernte stellen Deutschlands Bauern in diesem Jahr vor gewaltige Herausforderungen.“

Für den DBV-Präsidenten zeigt der Witterungsverlauf einmal mehr die deutlich spürbaren Auswirkungen des Klimawandels. Das diesjährige Wetter mit abwechselnden Trocken- und Regenphasen steht Rukwied zufolge „exemplarisch“ für die durch den Klimawandel zu erwartenden Bedingungen.

An klimatische Bedingungen anpassen



„Wir müssen alles dafür tun, um zukünftig unsere Erträge und die Ernährung sichern zu können“, forderte der Bauernpräsident. Als Beispiele für Möglichkeiten zur Anpassung nannte Rukwied die Züchtung resilienterer Pflanzensorten, eine breite Palette an Wirkstoffen für den Pflanzenschutz sowie eine wassersparende und konservierende Bodenbearbeitung.

Der Verbandspräsident plädierte zudem für öffentliche Zuschüsse für eine Mehrgefahrenversicherung gegen witterungsbedingte Ertragsausfälle. Ihm zufolge kann mit Versicherungslösungen Starkregen oder anhaltenden Trockenphasen begegnet werden. Bislang stehe die Bundesregierung staatlichen Beitragszuschüssen jedoch skeptisch gegenüber.

Ebenso erneuerte Rukwied die bereits lange bestehende Forderung nach einer Risikoausgleichsrücklage, mit der Landwirte in guten Jahren finanzielle Polster für schlechtere Jahren bilden könnten. Dafür müsse eine entsprechende Regelung zur steuerlichen Begünstigung der Landwirtschaft beschlossen werden.

Bewässerungstechnik fördern



Um Erträge abzusichern, ist Rukwied zufolge der Landwirtschaft Vorrang bei der Wasserentnahme zu Beregnungszwecken einzuräumen. Die Lebensmittelerzeugung müsse gleich nach der Trinkwassernutzung an zweiter Stelle stehen und damit vor anderen Verwendungszwecken. Der Bauernpräsident forderte in dem Zusammenhang ein öffentliches Investitionsförderprogramm aus Bundes- und Ländermitteln für Bewässerungstechnik.

Angespannter Getreideweltmarkt



Die aktuelle Marktlage stuft der Verbandspräsident aufgrund der russischen Blockade ukrainischer Getreidelieferungen als kritisch ein; er sprach von einer paradoxen Situation. Zum einen sei die Versorgungslage am Weltmarkt nach wie vor angespannt. Dies gehe vor allem zu Lasten von Entwicklungs- und Schwellenländern in Afrika, im Nahen Osten und in Asien.

Zum anderen dränge die Ware in die angrenzenden europäischen Länder und sorge dort für einen starken regionalen Preisdruck. „Wir müssen alles dafür tun, dass der Transit durch Europa funktioniert und der Seeweg wieder in Gang kommt, damit das ukrainische Getreide dort ankommt, wo es gebraucht wird“, mahnte der DBV-Präsident.

Stegemann für eine „faktenbasierte“ Agrarpolitik



Um Ernten auch in Zukunft unter veränderten klimatischen Bedingungen sichern zu können, sind nach Ansicht von Unionsagrarsprecher Stegemann eine „faktenbasierte Politik“ sowie eine Rückkehr zur „Wissenschaftlichkeit“ notwendig.

„Das Ziel einer gleichzeitig effizienten und nachhaltigen Landwirtschaft ist bei Minister Cem Özdemir leider aus dem Blickfeld geraten“, kritisierte der CDU-Politiker. Stattdessen würde sich die Agrarpolitik der Bundesregierung gegenseitig blockieren. So weigere sich die Ampelregierung nach wie vor, „neue Züchtungsmethoden und moderne Pflanzenschutzmittel zuzulassen, damit Pflanzen auch unter veränderten klimatischen Bedingungen wachsen“, so Stegemann.

Konrad: Den Bauern mehr Freiheit geben



Laut Konrad zeigt die Ernte dieses Jahres die Schwierigkeiten auf, die durch ein sich wandelndes Klima mit extremen Regen- und Dürrephasen entstehen. Die FDP-Politikerin würdigte daher die „Anpassungskompetenz“ und das „Engagement“ der Landwirte. „Damit die Landwirtschaft zukunftssicher bleibt, müssen wir den Landwirten mehr Anpassungsmöglichkeiten bieten“, erklärte Konrad. Sie plädierte daher für politische Unterstützung bei der Entwicklung robusterer Pflanzensorten durch innovative Züchtungsmethoden sowie den Einsatz von Techniken, die Wasser effizienter nutzen.

Um der Landwirtschaft eine stabilere Planungsgrundlage zu geben, sollte ihrer Einschätzung nach den Bauern mehr Freiheit gewährt und Bürokratie abgebaut werden.
AgE
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Kommentare 
agricola pro agricolas schrieb am 28.08.2023 07:34 Uhrzustimmen(39) widersprechen(6)
Haben diese Verbandsgranden nicht mitbekommen, dass eine bereits eher durchschnittlich erwartbare Getreideernte in der Erntephase mit einer obendrein mehrwöchigen Regenfront konfrontiert wurde!?

Pauschale Forderungenskataloge seitens unserer „Einen Stimme“. Zuschüsse vom Gesetzgeber für Mehrfachversicherungen lässt die heilige Allianz mit wem förmlichst aufblühen? - In Wahrheit fordert unsere Gesellschaft heute immer nachdrücklicher weniger Pflanzenschutz, weniger Dünger, eingeschränkte Züchtungsmethoden, wo der Sortenschutz ohnedies in Händen einer nur handverlesenen Spezies liegt.

Was die Bodenbearbeitung angeht, werden den Bewirtschaftern JETZT(!) zwischen 20-40 Liter mehr an Dieselverbrauch undiskutierbar aufoktroyiert; es bestehen sogar noch darüber hinaus Mehrverbräuche korrelierend jeweils mit Witterungsverläufen und Bodengüte.

Unser DBV sollte bei Gott wissen, dass Versicherungsunternehmen keine philanthropischen Rechtsgebilde sind, sondern allenthalben nachhaltig auf Gewinnoptimierung setzen. Wagen wir hier heute den aufmerksamen Blick über den Atlantik nach Kalifornieren, wo man der Zeit offensichtlich weit voraus ist: Gerade auch deutsche namhafte Rückversicherer ziehen sie dort „vornehm“ zurück, weil eben solche Risiken (Katastrophen) einfach nicht mehr versicherbar sind. - Eine Dauerlösung ist also nicht in der Allmacht des Geldes zu erkennen, werter Herr Rukwied. Es ernüchtert außerordentlich, wie Ihr Verband hier wieder einmal der Zeit mit von Euronen geblendeten Verbandsäuglein -das ist natürlich überhaupt nicht neu- förmlichst hinterherhechtet.

Öltanker aus gewissen Herkunftsländern sind auch nicht versicherbar, noch brisanter die Risikobewertung der Atommeiler. Die Versicherungsbranche ist doch schließlich nicht auf den Kopf gefallen, daselbst im Haftungsfalle lemminghaft über die Klinge zu springen. - Ich erinnere in diesem Zusammenhang ferner an die Lehmann-Brothers-Krise, ein weltweiter WUMMS, der noch omnipräsent sein dürfte, wo die Versicherungen hernach reihenweise umkippten. Eine weitreichende Erntekatastrophe mit entsprechenden Haftungsverpflichtungen und daraus resultierenden Folgerungen könnte man hier ggf. auch auflisten!? Erheblich einfältig, wer das als Lösungskonzept zu kommunizieren versucht!!!

Über 60% der bundesdeutschen Flächen mit steigender Tendenz werden nicht mehr vom Eigentümer selbst bewirtschaftet, also wird die vom DBV geforderte Mehrgefahrenversicherung im direkten Übertrag sowieso an selbige durchgereicht. Wie scheinheilig mutet demnach eine solche Forderung mit diesem Background an!? Öltanker aus gewissen Herkunftsländern sind auch nicht versicherbar, noch brisanter die Risikobewertung der Atommeiler. Die Versicherungsbranche ist doch schließlich nicht auf den Kopf gefallen, daselbst im Haftungsfalle über die Klinge zu springen.

Womit sich unser Verband im Dornröschen-Schönheitsschlaf-Modus geflissentlich nicht zu befassen weiß:

Wie perfide muten aktuell die „Einheitsbedingungen des Deutschen Getreidehandels“ an!?
Ungeachtet der Tatsache, dass die diesjährige Ernte infolge der lang anhaltenden Regenphase inmitten der Ernte stehend auf dem Halm ausgewachsen ist, greifen selbst jetzt diese eingeforderten Qualitätsstandards, die filigran darauf ausgelegt sind, dass unsere aufnehmenden Hände in erster Linie ihre fetten Margen abzusichern wissen. Dürre- oder Regenkatastrophen stellen demnach KEINE HÖHERE GEWALT(!?) dar, es greift nach wie vor ein abstossend kaltschnäuziges „Verschuldungsprinzip“, das man einseitig geistig starr und vollkommen unflexibel den Bauern in Alleinhaftungsverpflichtung an ihre Fersen heften darf, solange noch an nur einem Örtchen rund um den Blauen Planeten gemäß diesem Pamphlet definierbare Qualitäten abrufbar sind. Diese tumben Tore haften dafür mit ihrem gesamten Hab und Gut, man lasse sich das förmlichst auf der Zunge zergehen. Die Vollkaskoversicherung seitens eines jeden Bauern für all diejenigen, die AN DER LANDWIRTSCHAFT ganz saftig -in welcher Lebenslage auch immer- in den eigenen riesigen Schatzkammern einzusammeln wissen. Dagobert Duck war dagegen ein Waisenknabe.
Schlussendlich natürlich sorgen wir für alle hungrigen Mäuler, die die wirklich überaus sozial aufgestellten Bauern zu füttern wissen. SOZIAL positionieren sich in unseren Medien auf dem Rücken der Bauern aber in erster Linie andere, diejenigen wissen sich eitel in Szene zu setzen, die fresswütig lauernd im großen Haifischbecken umherschwimmen.

Wahrhaft unvorstellbar, wie geistig lahm auch heute unsere berufsständische Vertretung daherkommt, es mittlerweile sogar begleitend zulässt, dass die Bauern Opfer des heute gnadenlos vonstatten gehenden Umverteilungssystems werden. Daher liefert wohl auch dieser heutige „DeutscheBauernVerhinderungsverband“ obige für meine Begriffe erheblich geschönten Zahlen. - Die Intentionen dahinter sind glasklar unübersehbar...

Unsere Verbraucher dürfen zu keinen Zeitpunkt also die wahren Kosten der Nahrungsmittelerzeugung erfahren um überhaupt bereit zu sein, eben diese zu akzeptieren.

Heute übrigens verließ das zweite Schiff den Hafen von Odessa - Zielhafen EU. Der Hunger der Welt juckt unsere narzisstischen Verbandsgranden nicht, UNSERE(!) Nahrungsmittel müssen spottbillig bleiben für unsere dekadenten Wohlstandsbäuche - Kwashiorkor u. Maramus z.B. entwickeln in jenen Ländern, wo die Menschlein unverschuldet nicht in das richtige Fleckchen Erde hineingeboren wurden, erbarmungswürdige Bilder menschlichen Elends, die man innerhalb unserer abgehobenen Wohlstandswelten einfach nicht wahrhaben will. - Und genau so(!) handeln wir auch, werter Herr Ru(c)kwied!!!

Homo homini lupus...
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