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05.10.2006 | 12:56 | Landwirtschaft 

Nachhaltige Landwirtschaft ist in Deutschland bereits Realität

Bonn - Mehr Innovation, höhere Verbraucherakzeptanz und weltweit einheitliche Standards sind entscheidende Voraussetzungen für die nachhaltige Entwicklung einer globalen Landwirtschaft.

Nachhaltige Landwirtschaft
(c) proplanta
Beim 9. Berliner Gespräch der Fördergemeinschaft Nachhaltige Land-wirtschaft am 28. September diskutierten Experten aus Politik und Wirtschaft mit rund 170 Teilnehmern die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Landwirtschaft.

In seinem Grußwort zur Veranstaltung betonte Dr. Gerd Müller, Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dass der deutschen Landwirtschaft bereits wichtige Schritte zu nachhaltigen Produktionsweisen  gelungen seien. "Nachhaltige Landwirtschaft ist in Deutschland keine Vision, sie ist bereits Realität", so Müller.

Vorrangige Aufgaben seien nun die Verbesserung der Verbraucher-akzeptanz, die Schaffung von Rahmenbedingungen für die Wettbewerbs-fähigkeit der deutschen Landwirtschaft und der Abbau von Bürokratie. Außerdem gelte es, das System der Qualitätssicherung weiter auszubauen. "Wir werden auf Bundesebene in Kürze klar und deutlich unsere Vorstellung darlegen, wie Qualitätssicherung im 21. Jahrhundert in einem offenen, globalen Markt auszusehen hat", kündigte Müller in diesem Zusammenhang an.

Prof. Dr. Werner Wahmhoff, stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, stellte im Rahmen der Diskussion eine vom FNL-Beirat aktuell erarbeitete Studie mit dem Titel "Nachhaltige Landwirtschaft: Realistische Perspektive oder ferne Vision?" vor. Die Studie zeige deutlich auf, dass transparente Bewertungssysteme notwendig seien, die nachhaltiges Wirtschaften messbar machen und eine entsprechende Zertifizierung ermöglichen.

Wahmhoff hob hervor, dass die zunehmende Liberalisierung der Märkte hochdynamische Prozesse auslöse, die die Landwirtschaft vor große Herausforderungen stelle. "Der weltweite Nahrungsmittelbedarf wird sich bis zum Jahr 2025 verdoppeln, aber die verfügbaren Ackerflächen auf der Erde werden im gleichen Zeitraum stagnieren", so Wahmhoff. Mit weniger Flächenressourcen könnten - eine entsprechende Steigerung der Effizienz vorausgesetzt - dennoch immer mehr Lebensmittel produziert werden. Gleichzeitig könnten aber durch moderne Produktionsverfahren die Umweltbelastungen weiter reduziert werden.

Intensität bedeute nach seiner Meinung den ständigen Einsatz von Innovationen, um nachhaltige Entwicklungen zu sichern. Für die Verwirklichung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Ziele einer nachhaltigen Entwicklung, sei unter anderem die Bündelung und Stärkung einer eigenständigen Agrarforschung unverzichtbar, hob Wahmhoff hervor.  

Dr. Franz Josef Feiter, Generalsekretär des europäischen Bauernverbandes COPA-COGECA, unterstrich die Bedeutung von zukunftsorientierten Neuerungen und betonte, dass es ein großes Versäumnis sei, dass in den WTO-Verhandlungen keine weltweit geltenden Standards zu nachhaltigen Wirtschafts- und Produktionsverfahren verabschiedet worden seien. "Globale Mindeststandards sind notwendig, um Lebensmittelsicherheit, aber auch Tier- und Umweltschutz international sichern zu können", so Feiter.

Diese Forderung unterstützte grundsätzlich auch Dr. Klaus Welsch, BASF AG, Leiter der Regionalen Geschäftseinheit Pflanzenschutz Europa. "Wir begrüßen als global player internationale Standards zur Qualitätssicherung", so Welsch. Diese Standards müssten jedoch auch den Bereich der grünen Gentechnik umfassen. "Deutschland verpasst hier möglicherweise den Zug der Entwicklung", skizzierte Welsch und plädierte für innovationsfreundliche politische Rahmenbedingungen.

"Auch in Europa muss es für die Verbraucher die Wahlfreiheit geben, ob sie gentechnisch veränderte Lebensmittel verzehren oder nicht."Dr. Welsch kritisierte insbesondere einen Verordnungsentwurf der EU-Kommission zur vergleichenden Bewertung von Pflanzenschutzmitteln,durch den aktuelle Produkte zwangsweise vom Markt verdrängt werden könnten. "In keinem anderen anderen Wirtschaftszweig gibt esvergleichbare Bestimmungen", erklärte er. 

Besondere Beachtung gelte es in der Frage der Nachhaltigkeit den ländlichen Regionen zu widmen, erklärte Jochen Flasbarth, Ministerialdirektor der Abteilung N für Naturschutz und nachhaltige Naturnutzung im Bundes-ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, und sprach sich in diesem Zusammenhang gegen einen Rückzug der Produktion aus Grenzertragsregionen aus. In der Debatte um die grüne Gentechnik wies Flasbarth darauf hin, dass die Akzeptanz bei den VerbraucherInnen davon abhänge, ob ein deutlicher und nachweislicher Nutzen von gentechnisch veränderten Lebensmitteln erkennbar sei. Außerdem müsse der Vorsorgeansatz hinreichend sein und Auskreuzungen strikt vermieden werden.

Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverbandes und Vorsitzender der FNL, plädierte für eine friedliche Koexistenz von gentechnisch veränderten Kulturen mit gentechnikfreier Landwirtschaft. "Zum einen muss die Wahlfreiheit des Verbrauchers gewährleistet werden", so Sonnleitner. "Zum anderen müssen alle Beteiligten in entsprechende Praxistests eingebunden werden, um durch entsprechende Feldversuche gute, nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken ermitteln zu können." Hier sei gezielte Forschungsarbeit, Innovationsfreude, aber auch transparente Aufklärungsarbeit gegenüber den Verbrauchern unerlässlich.

Besonders ideenreiche und erfolgreiche Aufklärungsarbeit zum Thema Nachhaltige Landwirtschaft leiste beispielsweise die FNL, hob Sonnleitner in seiner Ansprache hervor und würdigte damit im Rahmen der Veranstaltung auch das 20-jährige Jubiläum der FNL. "Wenn es die FNL nicht gäbe, müsste man sie erfinden", so sein Fazit. "Dem Team der FNL gelingt es auf eindrucksvolle Art und Weise, kontinuierlich den Bogen zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern zu schlagen.

Der Erlebnis Bauernhof auf der Internationalen Grünen Woche ist hierfür das beste Beispiel. Seit nunmehr acht Jahren ist dieser Publikumsmagnet ein absolutes Highlight in der landwirtschaftlichen Öffentlichkeitsarbeit."  Große Anerkennung verdiene aber auch die fundierte wissenschaftliche Grundlagenarbeit, die von der FNL und dem Institut für Landwirtschaft und Umwelt (ilu) geleistet werden.

Die Berliner Gespräche der FNL richten sich gleichermaßen an Vertreter von Politik und Administration, an die Agrarwirtschaft, an Verbände, Organisationen und gesellschaftlichen Gruppen im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Ethik sowie an die Medien. Ziel ist es, auf Problembereiche aufmerksam zu machen,
gleichzeitig aber auch im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung nach sinnvollen und konsensfähigen Lösungen zu suchen.

Quelle: Pressemitteilung Presseportal 04.10.2006

 
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