Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
14.06.2022 | 02:18 | VW-Abgasskandal 

BGH gibt grünes Licht für Sammelklagen ausländischer Diesel-Käufer

Karlsruhe - Tausende ausländische Diesel-Käufer, die ihre Forderungen gegen VW an den Online-Dienstleister Myright abgetreten haben, können wieder auf Schadenersatz hoffen.

VW-Abgasskandal
Im VW-Abgasskandal haben Zehntausende ihre Schadenersatz-Forderungen an den Dienstleister Myright abgetreten. Nur: Bislang ist offen, ob der das Geld überhaupt eintreiben darf. Jetzt schafft ein Urteil für zahlreiche Betroffene Klarheit. Vielleicht sogar für alle? (c) proplanta
Anders als zuvor die Gerichte in Braunschweig urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) am Montag im Musterfall eines Schweizer Kunden, dass Myright alle Voraussetzungen erfüllt, um die Forderungen letztlich über Sammelklagen einzutreiben. Eine besondere Sachkunde im Schweizer Recht müsse die deutsche Financialright GmbH, die hinter Myright steht, dafür nicht nachweisen. Damit können die einzelnen Ansprüche jetzt inhaltlich geprüft werden. (Az. VIa ZR 418/21)

In einem zweiten Diesel-Fall aus Baden-Württemberg äußerten sich die Karlsruher Richterinnen und Richter außerdem zu sogenanntem Restschadenersatz bei Importautos. (Az. VIa ZR 680/21)

Myright arbeitet gegen eine Provision im Erfolgsfall und wirbt damit, dass auch Kunden ohne Rechtsschutzversicherung kein Kostenrisiko tragen. Laut VW laufen an deutschen Gerichten mehrere Sammelklagen für insgesamt rund 36.000 Auftraggeber. Darunter sind auch zwei Klagen für mehr als 2.000 Schweizer und rund 6.000 slowenische Kunden.

In der Verhandlung am Mittag hatte sich die Vorsitzende Richterin Eva Menges überraschend auch zu anderen formalen Hürden geäußert, an denen Sammelklagen deutscher Betroffener bisher vor Gericht gescheitert waren. Sie hatte angedeutet, dass ihr Senat bei Myright auch in diesen Punkten keine Probleme sieht. Bei der knappen Urteilsverkündung kam dieser Aspekt aber nicht mehr zur Sprache. Es bleibt abzuwarten, ob er im ausführlichen schriftlichen Urteil auftaucht, das in den nächsten Wochen veröffentlicht werden dürfte.

Stefan Zimmermann von Myright sprach schon jetzt von einem «Meilenstein für den Verbraucherschutz». Für die Schweiz und Slowenien sei das Geschäftsmodell auf jeden Fall soweit bestätigt, «dass wir mit VW endlich in die Diskussion kommen können, wie viel Schadenersatz tatsächlich den Kunden zusteht». Was die deutschen Kunden angehe, hänge nun alles am genauen Wortlaut des Urteils.

VW teilte dagegen mit, man rechne im konkreten Fall mit einer «Klageabweisung zu einem späteren Zeitpunkt». «Denn nach dem auf den Fall anwendbaren Schweizer Recht bestehen die geltend gemachten Ansprüche nicht.» Bisher habe kein Schweizer Gericht einer Schadenersatzklage gegen Volkswagen stattgegeben.

Nicht zu verwechseln sind die Sammelklagen mit der bereits abgeschlossenen Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentralen gegen Volkswagen. Dieses Verfahren hatte mit einem Vergleich geendet, von dem gut 245.000 Diesel-Besitzer profitierten. Auch Zehntausende Einzelkläger bekamen Schadenersatz von VW. Sie alle hatten einen Diesel mit dem Skandalmotor EA189 gekauft, der so manipuliert war, dass Abgas-Grenzwerte nur in Behördentests eingehalten wurden.

Restschadenersatz kann Betroffenen zustehen, die nicht rechtzeitig auf Schadenersatz geklagt haben. Nach ersten BGH-Urteilen sind die Voraussetzungen dafür allerdings nur bei Neuwagen gegeben, nicht bei gebraucht gekauften Autos. Diesmal ging es um ein aus dem EU-Ausland importiertes Auto mit null Kilometern auf dem Tacho. Solche Autos sind oft günstiger, weil sie nicht für den deutschen Markt produziert wurden.

Hier entschieden die obersten Zivilrichter, dass Restschadenersatz in Betracht kommen kann. Voraussetzung sei aber, dass weder der Händler in Deutschland noch der Zwischenhändler im Ausland das Auto unabhängig von der Bestellung auf eigene Kosten und eigenes Risiko von VW gekauft hätten. Das hatte das Stuttgarter Oberlandesgericht im konkreten Fall nicht geprüft. Dies muss nun nachgeholt werden.
dpa
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Diesel-Ermittlungen gegen Mercedes-Benz eingestellt

 Neues Millionenbußgeld im Abgasskandal - Auch Continental soll zahlen

 Dieselskandal bei Mercedes - Verbraucherschützer erzielen Teilerfolg

 Sammelklage gegen Eon-Fernwärme: Bundesamt öffnet Klageregister

 Abgasskandal: CO2-Werte bei Neuwagen rund 14 Prozent höher als angegeben

  Kommentierte Artikel

 Wut und Wahlen 2024: Die zunehmend mächtige Gruppe der Nichtwähler

 NRW-OVG verhandelt Streit um ein paar Gramm Wurst zu wenig

 Ruf nach Unterstützung der Imker

 Kein kräftiger Aufschwung in Sicht - Wirtschaftsweise für Pkw-Maut

 Schutz vor Vogelfraß durch Vergrämung?

 Globale Rekord-Weizenernte erwartet

 Immer mehr Tierarten sorgen in Thüringen für Ärger

 Größere EU-Getreideernte erwartet

 Bedarf an hofeigenen KI-Wetterfröschen wächst rasant

 Was will die CDU in ihrem neuen Programm?