Sammelklage in Australien wegen angeblicher Krebserkrankungen durch den Wirkstoff - Neunwöchige Anhörung in Melbourne hat begonnen - In den USA gewann Bayer zuletzt Prozesse - Geschäft mit dem Herbizid zuletzt deutlich rückläufig. (c) proplanta
Beim Bundesgericht in Melbourne begann am Montag vergangener Woche (4.9.) die Anhörung zu einer Sammelklage von 800 Australiern, die ihr Non-Hodgkin-Lymphom, also ein bösartiges Lymphknotengeschwulst, auf den Kontakt mit dem in Roundup enthaltenen Glyphosat zurückführen.
In der auf neun Wochen angesetzten Verhandlung unter Vorsitz des Richters Michael Lee sollen laut Presseberichten zunächst Sachverständige gehört und Studien geprüft werden, ob Glyphosat für den Menschen krebserregend ist. Wenn das Gericht dies so sieht, müsste geklärt werden, ob Monsanto beziehungsweise Bayer über die von seinen Produkten ausgehenden Risiken ausreichend aufgeklärt hat.
20 Jahre enger Kontakt
Hauptkläger in dem Verfahren ist der an Lymphdrüsenkrebs erkrankte Kelvin McNickle, dessen Anwalt Andrew Clements berichtete, dass sein Mandant 20 Jahre lang beinahe täglich mit Roundup gearbeitet habe und dabei mit dem Wirkstoff Glyphosat auch in körperlichen Kontakt gekommen sei. Eine ganze Reihe der epidemiologischen Literatur beschreibe, dass „die Exposition gegenüber Herbiziden auf Glyphosatbasis das Risiko einer Person erhöhe, an einem Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken“, so der Anwalt laut Presseberichten.
McNickle und die anderen Mitglieder der Sammelklage müssten deshalb nicht nachweisen, welche bestimmte Dosis ihren Krebs verursacht habe. Dies sei bei den Krebsklagen gegen Tabakkonzerne auch nicht der Fall. Der Verteidiger des Chemiekonzerns, Steven Finch, deutete an, in dem Verfahren die Zuverlässigkeit der von der Anklage vorgelegten Studien in berechtigte Zweifel zu ziehen.
Es gebe keine ausreichenden Beweise, dass Glyphosat krebserregend sei. Selbst wenn Herbizide auf Glyphosatbasis dazu in der Lage wären, Krebs auszulösen, bedeute das nicht, dass sie dies zwangsläufig auch täten.
Gerichtsverfahren in den USA
In den USA hat es in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Prozesse gegen Bayer wegen Glyphosat-Klagen gegeben. Die Urteile fielen unterschiedlich aus. Es kam zu Schuld-, zuletzt aber auch vermehrt zu Freisprüchen, weil die Jurys Roundup nicht für die Gesundheitsschäden verantwortlich machten. Mit einer großen Zahl von Klägern wurde zudem ein Vergleich geschlossen.
Der Konzern musste Rückstellungen von mehreren Milliarden Euro für mögliche Niederlagen in Rechtsstreitigkeiten bilden. Die Geschäfte mit Glyphosat laufen derweil laut Bayers Quartalsberichten in diesem Jahr nicht gut. Die Herbizidsparte in der Division Crop Science verzeichnete im ersten Quartal 2023 gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode einen Umsatzrückgang von 24,3 %, im zweiten sogar von 45,6 %.
Grund waren laut Bayer Mengen- und Preisrückgänge bei glyphosathaltigen Produkten insbesondere in den Regionen Nord- und Lateinamerika sowie in Europa/Nahost/Afrika.