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08.03.2023 | 15:12 | Geschützte Art 

Immer wieder werden Biberbauten mutwillig zerstört

Wiesbaden/Offenbach - Am Flüsschen Bieber in Offenbach hatte Anfang Februar ein Biber einen Damm errichtet - der jedoch kurz darauf bereits zerstört wurde.

Biber
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Der Biber kehrt mehr und mehr nach Hessen zurück. Das ist an vielen Gewässern unübersehbar - denn er schichtet Holz zu beeindruckenden Bauten auf. Wer die Dämme mutwillig zerstört, macht sich strafbar. (c) avs_lt - fotolia.com
Laut städtischem Umweltamt waren zunächst einzelne Äste aus dem Damm verschwunden - die Behörde vermutete Hunde oder unbedacht spielende Kinder als Verursacher. Mitte Februar war der Damm jedoch komplett kaputt. Dies ist kein Einzelfall.

Naturschutzbehörden haben 2022 hessenweit rund 40 Fälle mutwilliger Zerstörung von Biberbauten registriert. Das geht aus einer Antwort des Umweltministeriums in Wiesbaden auf eine parlamentarische Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor. Darüber hinaus sei von einer Dunkelziffer auszugehen. Die Naturschutzbehörden zeigen illegale Entfernung von Biberbauten strafrechtlich an, warnt das Ministerium. Der Biber zählt zu den streng geschützten Arten.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Hessen geht davon aus, dass es nur einzelne weitere, unregistrierte Fälle gibt, da es sehr aufwendig sei, einen Biberbau zu zerstören. Als Täter käme allgemein gesprochen jeder in Frage, der einen wirtschaftlichen Nachteil durch das ansteigende Wasser habe und sich daher vom Biber bedroht fühle, erklärt BUND-Sprecherin Lynn Anders.

«Beispiele dafür sind überschwemmte landwirtschaftliche Flächen, überflutete Sportplätze oder durchtränkte Rasenplätze sowie nasse Keller im privaten Bereich.» Bei solchen Naturzerstörungen sei die strafrechtliche Verfolgung jedoch generell schwierig, weil man schwer beweisen könne, dass eine bestimmte Person den Bau zerstört habe, schätzt der BUND.

«Der Biberpopulation in Hessen geht es im Allgemeinen sehr gut», erläutert die Ökologin Irene Glatzle vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Nach der Wiederansiedlung einiger Tiere im hessischen Spessart Ende der 1980er Jahre hätten sich die Biber zunächst nur langsam ausgebreitet, seit 2010 geschehe dies deutlich schneller.

«Aktuell sind bereits alle größeren Fließgewässersysteme besiedelt, nur im Norden und Westen des Landes bestehen noch größere Lücken», erklärt Glatzle. Die Expertin geht davon aus, dass der Biber in wenigen Jahren wieder in ganz Hessen verbreitet sein wird.

Auch das Umweltministerium teilt mit: «Der Biber ist an vielen hessischen Gewässern zurück und gestaltet als «Ökosystemingenieur» neue Naturräume.» Seine Aktivitäten führten dazu, dass an den Bächen und Flüssen neue Lebensräume entstehen. Die neuen Biotope verbesserten die Lebensbedingungen von Fröschen, Molchen, Kröten und Wasserinsekten, aber auch Vogelarten wie Schwarzstorch oder Eisvogel.

Der Biber schaffe somit mehr Biodiversität an Fließgewässern und helfe, EU-Vorgaben beim Gewässerschutz umzusetzen, argumentiert das Ministerium. Zusätzlich helfe die Art, die Folgen des Klimawandels abzumildern. Ihre Dämme bewirkten selbst in Trockenperioden einen guten Wasserrückhalt in der Landschaft, stabilisierten das Grundwasser und könnten bei Starkregen dazu beitragen, Hochwasser abzumildern.

Trotz der vielen positiven Effekte könnten die Aktivitäten der Biber in einigen Fällen Probleme bereiten, ergänzt das Ministerium. Dies drohe etwa in besiedelten Gebieten, im Umfeld von Kläranlagen und in der Nähe von Äckern und Feldern.

«Konflikte beschränken sich meist auf einen Uferstreifen von höchstens 15 bis 20 Metern und entstehen vor allem durch Biberaktivitäten wie die Unterhöhlung von Uferböschungen, das Anstauen von Gewässern oder das Fällen von Bäumen», erläutert Glatzle. Für die Betroffenen seien diese Eingriffe nicht immer leicht zu akzeptieren und gelegentlich auch mit wirtschaftlichen Schäden verbunden.

Helfen können die hessischen Bibermanagerinnen und Bibermanager bei den Naturschutzbehörden, die auch von Mitarbeitern von Hessen-Forst unterstützt werden. Das Umweltministerium verwies außerdem auf ehrenamtliche Biberberaterinnen und -berater bei den Landkreisen.

Die mutwilligen Zerstörungen seiner Bauten werden die Ausbreitung des Bibers nicht stoppen - darin sind sich die Experten ein. «Wenn ein Biberbau zerstört wird, baut der Biber ihn einfach neu», erklärt die BUND-Sprecherin Anders. «Er ist von Natur aus darauf trainiert, seinen Bau zu reparieren, weil durch Hochwasser oder Witterung auf natürliche Weise immer kleine Reparaturarbeiten am Biberbau nötig sind.»

Auch in Offenbach wird am Flüsschen Bieber nun beobachtet, ob das Tier den Damm wieder aufbaut. Der Naturschutzbehörde fiel dort übrigens auf, dass immer wieder abgesägte Äste und Grünschnitt abgelegt werden. Auch dass Mitbauen am Biberdamm ist jedoch verboten. Die Experten raten: «Am besten ist es, den Biber einfach in Ruhe zu lassen und von seinen Bauwerken Abstand zu halten.»
dpa/lhe
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