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25.12.2013 | 11:03 | Hochwasser im Juni 

Deutschland und die Jahrhundertflut 2013

Leipzig - Auf den Regen folgte die Flut. Zum zweiten Mal innerhalb von elf Jahren überschwemmte ein Jahrhunderthochwasser Teile Deutschlands. Die Beseitigung der gigantischen Schäden wird noch lange dauern.

Hochwasser 2013
(c) proplanta
Tilo Geistlinger ist der Mann, der die Symbole der Flutkatastrophe in diesem Sommer verschwinden ließ. Wochenlang zerlegte sein Abbruchunternehmen nahe Fischbeck in Sachsen-Anhalt drei Lastkähne. Die alten Schiffe waren im Juni in einer ebenso verzweifelten wie beispiellosen Rettungsaktion gesprengt und versenkt worden, um einen Deichbruch zu stopfen.

Abermillionen Liter Elbwasser waren zuvor in den Elbe-Havel-Winkel geströmt. Drei Wochen habe es gedauert, die Kähne zu verschrotten, sagt Geistlinger. Von den versenkten Schiffen ist nichts mehr übrig. Aber die Erinnerung an eine der schlimmsten Flutkatastrophen in Deutschland bleibt.

Das Hochwasser von Donau, Elbe, Saale und vielen anderen kleineren Flüssen überschwemmte weite Teile Ost- und Süddeutschlands. Besonders betroffen waren Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt, wo Deichbrüche und Überflutungen ganze Landstriche in einer braunen Brühe versinken ließen. In einem Bericht zur Flutkatastrophe bilanziert das Bundesinnenministerium: «Das Hochwasser im Mai und Juni 2013 übertraf in Ausdehnung und Gesamtstärke das Augusthochwasser von 2002.» Die Bundesländer meldeten Schäden in Höhe von 6,7 Milliarden Euro.

Im sächsischen Grimma wurde Oberbürgermeister Matthias Berger (parteilos) zum zweiten Mal innerhalb von elf Jahren zum Katastrophenmanager. Wie schon 2002 stand die schmucke historische Altstadt von Grimma unter Wasser, wenn auch nicht ganz so hoch. «Wenn das Wasser damals drei Meter hoch stand, stand es diesmal zwei Meter hoch», sagt Berger. Verursachte das Hochwasser 2002 Schäden von 252 Millionen Euro in der Stadt, seien es diesmal rund zwei Drittel der Summe gewesen. Was die Menschen aber zermürbte, sagt Berger, sei die Tatsache, dass Grimma zum zweiten Mal binnen so kurzer Zeit von einem sogenannten Jahrhunderthochwasser getroffen wurde.

Verantwortlich für die Fluten war extremer Regen im Mai. Vielerorts fiel in Deutschland in diesem Monat das Doppelte bis Dreifache der durchschnittlichen Niederschlagsmenge. Die nassen Böden konnten das Wasser irgendwann nicht mehr aufnehmen, die Flüsse schwollen an. Dass außerdem auch eine Hochwasserwelle aus Tschechien heranrollte, verschärfte die Lage entlang der Elbe.

Doch auch in Bayern hieß es Land unter. In der Drei-Flüsse-Stadt Passau wurden nach Angaben der Bundesanstalt für Gewässerkunde sämtliche Höchstmarken der vergangenen 500 Jahre übertroffen. Höher als in diesem Sommer stand das Wasser der Donau demnach nur am 15. August 1501: Damals lag der Wasserstand bei 13,20 Meter, am 3. Juni 2013 waren es 12,89 Meter. Zwei Deichbrüche an der Isar und der Donau ließen den Landkreis Deggendorf untergehen. Rund 950 Häuser und Wohnungen standen dort teilweise bis unters Dach im Wasser.

Ähnlich wie vor elf Jahren war auch diesmal die Hilfsbereitschaft der Menschen untereinander groß. Zahllose freiwillige Helfer stapelten unermüdlich Sandsäcke, um aufgeweichte Dämme zu stabilisieren. Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen waren im Dauereinsatz. Zudem gleichen sich die Bilder, wie 2002 und 2013 Politiker in den Flutgebieten unterwegs waren. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war in Passau, sie war in Fischbeck - und sie versprach Unterstützung. Bund und Länder einigten sich schließlich auf einen 8 Milliarden Euro umfassenden Fluthilfefonds.

Die Beseitigung aller Hochwasserschäden wird noch lange dauern. Allein die Deutsche Bahn brauchte fast fünf Monate, bis sie ihre gesperrte Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin-Hannover wieder freigeben konnte. Erst seit Anfang November rollt der Verkehr dort wieder normal.

Zugleich wird in den betroffenen Regionen über einen angemessenen Hochwasserschutz gestritten. Im sächsischen Grimma hofft Stadtchef Berger, dass bis 2016 eine 40 Millionen Euro teure Hochwasserschutzanlage fertig wird. Sie hätte schon längst stehen sollen, aber der Bau verzögerte sich. Allerdings nicht, wie Berger betont, weil Bürger und Umweltschützer den Bau blockierten, sondern aus technischen Gründen. Berger: «Das ist meine große Angst. Würden wir nochmal ein Hochwasser vor Abschluss der Baumaßnahmen bekommen, ist Grimma nicht mehr zu halten. Drei Jahrtausendhochwasser in 15 Jahren sind nicht zu bewältigen.» (dpa)
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