Vielerorts sanken die Pegelstände von Neiße und Spree bereits wieder. Evakuierungen wurden aufgehoben, erste Aufräumarbeiten begannen. In Sachsen war man schon einen Schritt weiter: Im Landkreis Görlitz wurde der Katastrophenalarm beendet, das sächsische Wirtschaftsministerium gab bekannt, dass ab sofort rund eine Million Euro für die Reparatur beschädigter Staatsstraßen bereitstehe.
An der Talsperre Spremberg, der eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung des Spree-Hochwassers zukommt, lief alles nach Plan. Das Wasser läuft inzwischen kontrolliert Richtung Norden ab. «Für die Spree hat sich das ganz große Problem, denke ich, heute geklärt», sagte Brandenburgs Landesumweltamt-Chef Matthias Freude. Entscheidend ist für das benachbarte Cottbus nun, dass die Flutwelle nicht allzu stark anschwillt. Das sei eine «sehr sensible Angelegenheit», so Freude. Der Katastrophenalarm blieb daher bestehen.
Der höchste Wasserstand wurde von der Stadtverwaltung am Abend erwartet. Die Wehre der Talsperre waren am Morgen geöffnet worden. Zunächst wurden laut Landesumweltamt 30 Kubikmeter Wasser pro Sekunde aus dem Stausee in die Spree abgelassen. Später sollten es rund 70 Kubikmeter werden. Vom Oberlauf strömten pro Sekunde 100 Kubikmeter Wasser in die Talsperre, sagte Freude.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) erläuterte: «Wir dürfen die Talsperre nicht volllaufen lassen, weil Regen angesagt ist.» Angespannt blieb die Situation in Guben. Am Mittag erreichte der Pegelstand 6,27 Meter, stagnierte dann aber. Straßen wurden überspült, eine Bundesstraße gesperrt. In drei kleineren Orten weiter südlich hatten zuvor insgesamt rund 180 Bewohner ihre Häuser verlassen müssen, sie konnten aber am Dienstag bereits wieder zurückkehren.
Glück hatten die Bewohner von Grießen südlich von Guben: Der Deich dort hielt den Fluten zwar nicht stand, das Städtchen wurde aber nicht überflutet. In Sachsen normalisierte sich die Lage zunehmend. Auch im Fürst- Pückler-Park in Bad Muskau, der zum Unesco-Welterbe gehört, war das Wasser am Dienstag weitgehend abgeflossen - und die Schäden schienen sich in Grenzen zu halten. «Wir haben Glück gehabt», sagte die stellvertretende Geschäftsführerin der Stiftung Fürst-Pückler-Park, Cornelia Wenzel. Große Schäden wurden auch dem Landesbauernverband nicht gemeldet. Es gebe nur geringe, lokal begrenzte Ernteausfälle. Auch die Lage an der Elbe soll - zumindest bis Donnerstag - entspannt bleiben.
Ein Großteil der Kräfte konzentrierte sich deshalb bereits auf den raschen Wiederaufbau. Zu der einen Million Euro Soforthilfe, unter anderem auch für die schnelle Reparatur von Staatsstraßen, sagte Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP): «Verkehrswege können insbesondere in Krisensituationen zur Achillesferse werden.» Für Flutopfer gibt es Steuererleichterungen. Das Maßnahmenpaket umfasst etwa Stundungen und Abschreibungen, teilte das Finanzministerium mit.
In Polen wurde angekündigt, dass der zerstörte Witka-Staudamm durch eine moderne Anlage ersetzt werden soll. Der Bau solle in anderthalb Jahren fertig sein, sagte der Direktor des Kraftwerkes Turow, Roman Walkowiak, der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Nach dem Bruch der Staumauer waren gewaltige Wassermassen von der Witka aus in die Neiße geströmt und hatten eine sieben Meter hohe Flutwelle entstehen lassen. Kritik wurde laut, die Informationen aus Polen zu dem Bruch seien unvollständig und zu spät gekommen. Das Bundesumweltministerium will diese Vorwürfe nun prüfen.
«Eine optimale grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist bei Hochwassern unverzichtbar», sagte die Parlamentarische Umweltstaatssekretärin Katherina Reiche (CDU) in Berlin. Bei der Sitzung der Hochwasser- Arbeitsgruppe von Deutschland, Polen und Tschechien am 29. und 30. September werde das Gremium auch «Vorwürfen über etwaige Mängel» nachgehen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte am Dienstag ein Programm zur Hilfe bei Flutschäden, an dem sich der Bund beteiligen müsse.
«Wir brauchen hier schnell unbürokratische Hilfe für Bürger, Kommunen und Wirtschaft», sagte Städtebund-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg in «Handelsblatt Online». Der Bund solle sich an der Instandsetzung von Straßen, Brücken und öffentlichen Fußwegen beteiligen - und sich nicht nur auf die Reparatur von Bundesstraßen, Autobahnen und Schienenwegen beschränken. (dpa)