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25.03.2011 | 15:04 | Anbauverbot 

EuGH: Nationale Anbauverbote für Gentechnik-Mais MON810 rechtlich fragwürdig

Aachen - Das von der französischen Regierung verhängte Anbauverbot für gentechnisch veränderten Mais MON810 ist möglicherweise mit europäischen Rechtsvorschriften nicht vereinbar.

Genmais
Das ergibt sich aus einem Rechtsgutachten, das am Dienstag beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegt wurde. Dort wird über mehrere Klagen gegen das in einigen EU-Ländern, darunter auch Deutschland, geltende MON810-Anbauverbot entschieden.

In Frankreich sind mehrere Gerichte mit Klagen gegen das Ende 2007 von der Regierung verhängte Anbauverbot für den in der EU seit 1998 zugelassenen gentechnisch veränderten Mais MON810 befasst. In den Verfahren wurden verschiedene grundsätzliche Fragen aufgeworfen, die nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) klären soll. Am 22. März 2011 legte Generalanwalt Paolo Mengozzi sein Schlussgutachten vor.

Der EuGH wird sein Urteil voraussichtlich im Sommer verkünden. Zwar ist er dabei nicht an die Ausführungen des Generalanwalts gebunden, folgt diesen jedoch in den meisten Fällen.

Frankreich hatte sich beim Erlass des Anbauverbots von MON810-Mais auf eine "Schutzklausel" in den europäischen Rechtsvorschriften berufen. Danach kann ein Mitgliedsstaat Sofortmaßnahmen ergreifen, wenn er aufgrund neuer Informationen "berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass ein GVO eine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellt." Frankreich hatte das Verbot, ähnlich wie Deutschland ein Jahr später, mit  einzelnen wissenschaftlichen Untersuchungen begründet, in denen sich Hinweise auf solche Gefährdungen fanden. In keinem Fall sind solche Anhaltspunkte bisher bestätigt worden.

Generalanwalt Mengozzi stellt in seinem Gutachten klar, dass allein ein "hypothetisches Risiko einer Schädigung" nicht ausreicht, um eine Sofortmaßnahme zu begründen. Es müsse vielmehr festgestellt werden, dass "eine nicht unbedeutende Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Schäden besteht".

Vor allem aber weist Mengozzi darauf hin, dass die nationalen Regierungen die Schutzklausel nur unter bestimmten Voraussetzungen in Anspruch nehmen dürfen. Wenn es neuere Erkenntnisse gebe, die einen sofortigen Erlass von Schutzmaßnahmen erfordern, müsse ein Mitgliedsstaat zunächst die Kommission anrufen. Erst wenn diese trotz der Aufforderung nicht tätig werde, könne eine Mitgliedsstaat einseitige Maßnahmen anordnen. Diese könnten jedoch nur vorläufig sein. Es sei nicht zulässig, eine Sofortmaßnahme wie das MON810-Verbot über Jahre aufrechtzuerhalten, ohne die Wahrscheinlichkeit eines Schadens zu belegen.

Frankreich hatte das MON810-Verbot erlassen, ohne die EU-Kommission zuvor zu informieren. Folgt der EuGH dem Gutachten des Generalanwalts, könnten die nationalen Anbauverbote fallen.

Bereits 2007 hat Monsanto die Neuzulassung von MON810-Mais beantragt. Nach geltenden Rechtsvorschriften war die 1998 erteilte Erstzulassung ausgelaufen. Inzwischen hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die wissenschaftliche Begutachtung abgeschlossen und dabei auch neuere wissenschaftliche Untersuchungen zu möglichen Gefährdungen durch MON810-Mais berücksichtigt.

Sollte die Neuzulassung erteilt werden, dürften damit auch die Gründe für die nationalen Anbauverbote in Frankreich, Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten entfallen. (TransGen)
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