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04.07.2023 | 16:18 | Erneuerbare Energien 

Baden-Württemberg will Biogas-Produktion stärken und ausbauen

Stuttgart - Baden-Württemberg will bei den erneuerbaren Energien verstärkt auch auf Bioenergieanlagen setzen, um die Versorgungssicherheit zu verbessern.

Biogas-Produktion
Wenn die Sonne mal nicht scheint und der Wind nicht wehen will, können Biogasanlagen einspringen und die Versorgungslücke bei den erneuerbaren Energien schließen. Das Land will diese Alternative stärken. Natur- und Umweltschützer winken ab. (c) proplanta
In einem «Strategiepapier» sollen Optionen aufgezeigt werden, wie Hunderte der bestehenden Anlagen nach dem Auslaufen der Förderung weiterbetrieben werden und wie Geschäftsmodelle für weitere Anlagen geschaffen werden können. «Jede zehnte Biogasanlage in Deutschland steht in Baden-Württemberg», sagte Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) am Dienstag nach der Entscheidung des Kabinetts. Die Anlagen müssten so weiterentwickelt werden, dass sie auch in Zukunft zur Energieversorgung beitragen.

Weil es gespeichert werden könne und ein erneuerbarer Energieträger sei, werde Biogas wichtiger, sagte Hauk. Außerdem sei Biogas im Unterschied zu grünem Wasserstoff bereits verfügbar. Wichtige Bausteine der neuen Strategie sind die Nutzung von pflanzlichen Reststoffen und Bioabfällen sowie die Abwärmenutzung in kommunalen Wärmenetzen.

Biogas wird aus Biomasse gewonnen, also aus Abfallprodukten wie landwirtschaftlichen Reststoffen (Gülle), aus organischem Abfall aus der Industrie (Pflanzenabfälle) oder schlicht aus Biomüll. Die gesammelte Masse wird zerkleinert und in Biogas-Anlagen gesammelt. Dort zersetzen Mikroorganismen die Abfälle, die schließlich in Gas umgewandelt werden. Das entstehende Gas wird gesammelt und kann weiter aufbereitet in Heizungen verbrannt werden, um Wärme zu erzeugen. Auch Strom kann aus Biogas gewonnen werden.

Aus Sicht Hauks und des Umweltstaatssekretärs Andre Baumann (Grüne) müssen Erzeugung und Einspeisung von Biogas flexibler werden, zum Beispiel durch das Zusammenlegen oder Koppeln von kleineren und noch nicht rentablen Anlagen. Biogas müsse optimal in das auf erneuerbaren Energien basierende Energiesystem integriert werden, sagte Hauk. «Sie soll abpuffern, wenn nicht genug Wind weht oder die Sonne scheint», so Baumann.

Außerdem rentierten sich die Anlagen für die Betreiber, wenn sie bedarfsgerecht einspeisen könnten. Dies sei wichtig, betonte Baumann, weil in den kommenden Jahren jede Dritte der insgesamt rund 1.000 Anlagen aus der Förderung nach dem Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) herausfalle und sich Betreiber fragen müssten, ob sich die Anlagen finanziell noch lohnten. Ziel der Strategie ist es zudem, Bioabfälle strenger zu sammeln und stärker zu nutzen. Als nächstes solle festgelegt werden, «was im nächsten halben Jahr konkret auf den Weg gebracht werden muss», sagte Hauk.

Bei den Natur- und Umweltschützern fällt die Strategie allerdings durch. Aktuelle Biogasanlagen seien ineffizient, sie seien schlecht für kleine Landwirtschaftsbetriebe und in der Regel Treiber der Artenkrise, kritisieren Landesnaturschutzverband (LNV), Nabu und BUND. «Die Biogasnutzung auf der Basis von Anbaubiomasse - zumeist ohne sinnvolle Wärmenutzung - ist schlecht für die Natur», sagte der LNV-Vorsitzende Gerhard Bronner. «Sie hat in großem Umfang zu Grünlandumbruch und zur Zerstörung von Biotopen geführt.» Außerdem habe die Biogasnutzung die Konkurrenz um landwirtschaftliche Flächen extrem verschärft. Wer keine Energie produziere, könne sich in manchen Regionen die Pachtpreise nicht mehr leisten.

Außerdem sei die Gewinnung von Biogas ineffizient und im Vergleich mit Strom aus Wind und Solartechnik sehr viel teurer. «Biogasanlagen brauchen 40-mal so viel Fläche wie Photovoltaikanlagen, um die gleiche Menge an Strom zu erzeugen», sagte der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle. Von der sinnvollen Nutzung von Reststoffen wie Gülle, Festmist und Ernteresten habe sich die Biogaserzeugung zudem weit entfernt. Mais- und Gras-Silage brächten mehr Energie und dank hoher Einspeisevergütungen auch Gewinne für den Betreiber.
dpa/lsw
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