„Die Ursachen der signifikanten Verkaufszurückhaltung liegen in der früheren Niedrigzinspolitik und der angezogenen Inflation“, sagte BLG-Geschäftsführer Udo Hemmerling gegenüber AGRA-EUROPE. Der Ende 2021 von der Bundesregierung verfügte Verkaufsstopp für ehemals volkseigene Flächen in Ostdeutschland erkläre den Flächenrückgang allenfalls zur Hälfte.
Für das laufende Jahr schließt Hemmerling eine Trendwende nicht aus: „Wir hören momentan von einer etwas höheren Verkaufsbereitschaft auch bei landwirtschaftlichen Flächen.“ Die grundlegende Zinswende an den Kapitalmärkten sorge offenbar dafür, dass aktuell die Bereitschaft zum Verkauf von Immobilien wieder steige.
Geringes VerkaufsvolumenNach einer von Hemmerling gemeinsam mit seinem langjährigen Vorgänger in der BLG-Geschäftsführung, Karl-Heinz Goetz, erarbeiteten Analyse zur Entwicklung des landwirtschaftlichen Bodenmarktes 2022 auf der Basis der Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) wurde im vergangenen Jahr mit knapp 57.000 Hektar die geringste landwirtschaftliche Fläche seit der Deutschen Einheit verkauft. Das gilt für West- wie für Ostdeutschland. Regional wurden nur in Sachsen-Anhalt und in Baden-Württemberg mehr Flächen veräußert als im Vorjahr. Die BLG-Experten weisen darauf hin, dass Eigentümerwechsel von Agrarflächen im Rahmen von Anteilskäufen nicht in die Verkaufsstatistik eingehen.
Rasanter PreisanstiegBemerkenswert ist für Hemmerling der weitere Anstieg der Kaufpreise in allen Ländern außer Brandenburg und Thüringen um knapp 11% auf durchschnittlich 32.509 Euro pro Hektar. Nach BLG-Angaben haben sich damit die durchschnittlichen
Agrarlandpreise in den vergangen zehn Jahren nahezu verdoppelt. Im Vergleich zum Jahr 2007, also vor dem Beginn der Finanzkrise, sind die Bodenpreise im Bundesdurchschnitt sogar um 252% gestiegen, wenn auch mit starken regionalen Unterschieden.
Positiv wertet Hemmerling die Neukonzeption der Kaufwerte für landwirtschaftliche Grundstücke, die das Statistische Bundesamt (Destatis) vorgenommen hat. Erstmals würden die Flächenverkäufe in der Statistik getrennt nach Nutzungsarten ausgewiesen. Grünland sei deutschlandweit etwa zwei Drittel so teuer wie Ackerland, aber mit sehr großen regionalen Unterschieden.
Doppelte Grunderwerbsteuer abschaffenHemmerling betont die wichtige Rolle der Landgesellschaften beim Vollzug des Grundstückverkehrsrechts. Diese komme unter anderem beim siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht zum Tragen. Im Jahr 2022 haben die Landgesellschaften nach Angaben des BLG-Geschäftsführers die Ausübung des Vorkaufsrechts in 3% der Verkaufsfälle geprüft; in 0,7% der Fälle haben sie es im Sinne der Agrarstrukturverbesserung ausgeübt.
Laut Hemmerling unterstreicht dies den zurückhaltenden und zugleich verantwortungsvollen Umgang der gemeinnützigen Siedlungsgesellschaften mit diesem Instrument. Damit das Vorkaufsrecht wirksam bleibe, sei allerdings eine Abschaffung der doppelten Grunderwerbsteuer notwendig, die derzeit im Zuge des Zwischenerwerbs durch die Landgesellschaften entstehe.