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10.08.2021 | 16:05 | Pestizideinsatz 

Geschädigte Bienen: Wer haftet für Folgen von Glyphosateinsatz?

Frankfurt (Oder) - Wer ist beim Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft verantwortlich für die Folgen? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit das Landgericht Frankfurt (Oder).

Pestizideinsatz
Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft ist umstritten. Was passiert, wenn dadurch Bienen Schaden erleiden? Ein Prozess um den Glyphosat-Einsatz durch ein Agrarunternehmen wirft Fragen auf. (c) proplanta
Ein Brandenburger Imker verlangt Schadenersatz von einem Agrarunternehmen wegen des Einsatzes von Glyphosat. Am Verhandlungstag am Dienstag fällte das Gericht noch keine Entscheidung und erörterte mit den Parteien noch die Sach- und Rechtslage, wie eine Sprecherin mitteilte.

Der Termin zur Verkündung der Entscheidung sei für den 14. September festgesetzt worden. Von einer Urteilsverkündung wollte sie zunächst nicht sprechen. Möglich sei auch, dass vom Gericht eine weitere Beweisaufnahme in dem Verfahren angeordnet werde.

Der Imker fordert in dem Prozess Schadenersatz für verunreinigten Honig, weil das Agrarunternehmen das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat eingesetzt hatte, das zur Unkrautbekämpfung verwendet wird.

«Unsere Auffassung ist, dass Imkerei und Honigproduktion zur Landwirtschaft dazugehört und dass die Landwirtschaft so betrieben werden muss, dass keine Beeinträchtigung für Lebensmittel entsteht», sagte sein Anwalt Georg Buchholz nach dem Verhandlungstermin der dpa.

Der Imker hatte im Frühjahr 2019 seine Bienenkästen neben einer vom Agrarunternehmen bewirtschafteten Fläche aufgestellt. Ende April 2019 behandelte das Unternehmen die Fläche mit glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln.

Den glyphosatbelasteten Nektar beziehungsweise die belasteten Pollen trugen die Bienen in den Bienenstock. Nach Aussage des Klägers mussten 4,1 Tonnen Honig entsorgt werden. Es sei ein Schaden von 70.000 Euro entstanden. Seinen Betrieb habe er aufgeben müssen.

«Wir verlangen für den Imker Schadenersatz, weil wir der Überzeugung sind, dass der Landwirt, der die Pestizide einsetzt, dafür sorgen muss, dass es beim Pestizideinsatz nicht zu solchen Schadensfällen kommt», sagte der Anwalt. Natürlich müsse der Imker, auf dessen Grundstück seine Bienen stünden, eine Vereinbarung mit dem Landwirt treffen. Doch von ihm könne nicht verlangt werden, dass er mit allen Landwirten im Flugradius seiner Bienen von bis zu fünf Kilometern abkläre, wo sie stehen.

Der Pflanzenschutzdienst des Landesamtes für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung ruft regelmäßig dazu auf, bei den startenden Pflanzenschutzmaßnahmen den Schutz der Bienen und blütenbesuchender Insekten unbedingt zu beachten. Das gelte besonders beim Pflanzenschutzmitteleinsatz in blühenden Kulturen und Unkräutern. Genauso wichtig sei es, Pflanzenschutzmittelrückstände im Honig zu verhindern, heißt es auf der Webseite der Behörde.

«Wir brauchen einen sparsam-sensiblen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln und wir brauchen gut geschulte Anwender», sagte Holger Ackermann, Sprecher des Landesverbandes Brandenburgischer Imker. Ihm wäre es lieber, wenn nicht der Landwirt die Pestizide spritze, sondern ein dafür spezialisiertes Unternehmen. Die Praxis zeige, dass damit nicht richtig umgegangen werde. Zudem könnten sich die vielen kleinen Betriebe hochwertige Spritztechnik gar nicht leisten. Eine Ausleihstation sei angebracht, schlug er vor.

Der Anwalt des klagenden Imkers strebt nun ein Musterverfahren an, weil es um eine grundsätzliche Frage nach den Verantwortlichkeiten gehe. Die Sache gehöre auch für die gesamte Imkerschaft geklärt. Wenn es möglich sei, werde man bis zur letzten Instanz kämpfen. Zunächst müsse aber das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) abgewartet werden.

Die gemeinnützige Aurelia Stiftung unterstützt den Imker in dem Verfahren. Sie setzt sich nach eigenen Angaben für den Naturschutz, insbesondere für die Bienen und eine bienenfreundliche Landwirtschaft ein. Falls das Gericht zugunsten des Imkers entscheide, hätte das Urteil eine wichtige Signalwirkung, hieß es von der Stiftung. Denn Imkereien hätten in solchen Fällen keinen Rechtsschutz und müssten die Kosten für die fremdverursachten Schäden selber tragen.
dpa/bb
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