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19.06.2009 | 14:13 | Milchwirtschaft  

Bauern-Proteste wirken: EU will Klarheit über Milchpreis

Brüssel - Die Wut europäischer Bauern zeigt bei den EU-Staats- und Regierungschefs Wirkung:

Milchkanne
(c) proplanta
Die Milchpreise kommen auf den Prüfstand; die EU-Kommission soll binnen zwei Monaten gründlich analysieren, was auf dem Markt los ist. Das geht aus dem Entwurf für die Abschlusserklärung beim EU-Gipfel in Brüssel hervor, der der Deutschen Presse-Agentur dpa am Freitag vorlag. Die Gipfelrunde diskutierte das Thema auf Druck von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das zweitägige Treffen wurde von Demonstrationen mehrerer hundert Milchbauern begleitet. Sie waren vor allem aus Deutschland in die belgische Hauptstadt - vielfach mit ihren Traktoren - gefahren.

Die Landwirte klagen seit gut einem Jahr über zu niedrige Erzeugerpreise. Sie erhalten derzeit gut 25 Cent je Liter. Nötig wären nach Branchenangaben etwa 40 Cent. Ein Sprecher von EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel betonte, angesichts der Probleme des Sektors berichte die Brüsseler Behörde den Mitgliedstaaten ohnehin regelmäßig über die Marktlage. Sie werde dem Wunsch der EU-«Chefs» aber nachkommen und bis September einen gründlichen Bericht vorlegen. Nach Angaben von EU-Diplomaten war dies erst für 2010 geplant.

Im Fokus einer weiteren Untersuchung der Kommission geht es grundsätzlich um die Produktionskette und die Preisbildung auf den Märkten für Nahrungsmittel, wie der Sprecher betonte. Dabei gehe es insbesondere um die Milchwirtschaft. «Wir wissen im Moment nicht, wohin die Gewinne gehen, aber mit Sicherheit nicht zu den Bauern», sagte er.

In Deutschland sehen sich zum einen die Einzelhandelsriesen wie Aldi und Lidl dem Vorwurf ausgesetzt, mit billigen Milchpreisen auf Kundenfang zu gehen. Außerdem werfen Experten den Molkereien vor, die zu einem großen Teil als Genossenschaften sogar den Bauern selbst gehören, in ihren Verhandlungen mit dem Handel die Interessen der Landwirte nicht ausreichend zu verteidigen.

Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen ging es Merkel vor allem um die sogenannte Milchquote. Sie schreibt eine Obergrenze für die Produktion fest. Ein künstlich knappes Angebot soll - zumindest theoretisch - die Preise hoch halten. Bis 2013 soll die Quote jährlich um ein Prozent angehoben werden, also die Produktion steigen. 2015 soll die Begrenzung dann ganz wegfallen.

Merkel ist angesichts der niedrigen Milchpreise zwar nicht gegen das Ende der Milchquote, aber gegen die automatische Anhebung bis 2013. Stattdessen soll es in einem Jahr beispielsweise gar keinen Anstieg geben und im nächsten Jahr zwei Prozent. Der Kommissionssprecher wollte sich nicht zu etwaigen Konsequenzen aus der Marktanalyse äußern. Generell ist aber eine Mehrheit der EU-Staaten gegen eine strikte Milchquote.

Insgesamt waren mehrere hundert Milchbauern aus Deutschland aber auch aus den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Frankreich angereist. Am Rande der Demonstrationen kam es am Donnerstagabend zu Krawallen. Mehrere Landwirte versuchten mit Hilfe von zwei Traktoren, die Polizei-Absperrungen zu durchbrechen. Außerdem zündeten einige Bauern Strohballen an. Neben dem EU-Ratsgebäude stiegen Rauchwolken auf. Die Polizisten sprühten Augenzeugen zufolge Tränengas. Ein Wasserwerfer stand bereit, um die Menge in Schach zu halten. Verletzte oder Festnahmen gab es nach Polizeiangaben nicht. Kurze Zeit später hatte sich die Lage wieder beruhigt. (dpa)
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