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15.04.2016 | 17:34 | Milchkrise 

Agrarministerkonferenz: Bauern sollen weniger melken

Göhren-Lebbin - Bauern und Molkereien sollen angesichts stark gesunkener Preise freiwillig weniger Milch produzieren und dazu möglicherweise staatliche Anreize erhalten. Dafür haben sich die Agrarminister der Länder am Freitag ausgesprochen.

Agrarministerkonferenz
Lautstarke Proteste haben am Freitag die Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern in Göhren-Lebbin (Mecklenburgische Seenplatte) begleitet. Mit Milchkannen-Trommeln und Kuhglocken-Geläut demonstrierte der Bund Deutscher Milchviehhalter vor dem Tagungshotel: «Wir saufen in der Milch ab», sagte der Bundesvorsitzende Romuald Schaber. An Milchkühen demonstrierten Bauern das tägliche «Verlustmelken» in den Ställen. Der Verband fordert, das Überangebot an Milch in Europa durch staatliche Eingriffe zu senken. Dies könne nicht Molkereien und Bauern allein überlassen werden, wie einige Politiker meinten. Ein Überangebot an Milch in Europa hat die Milchwirtschaft in die Krise gestürzt. Die Agrarminister der Länder drängen nun «letzmalig» auf eine freiwillige Mengendrosselung - bevor es zum Zwang kommt. (c) proplanta
Die Politik sei bereit, dies mit staatlichen Bonushilfen zu flankieren, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Till Backhaus (SPD) als Vorsitzender zum Abschluss der Agrarministerkonferenz in Göhren-Lebbin.

Die Länder forderten den Bund auf, Mittel dafür bereitzustellen oder bei der EU einzuwerben. Drücke das nicht spürbar die Milchmenge, solle der Bund die EU dazu bringen, den Ausstoß vorübergehend entschädigungslos zu drosseln. Backhaus zufolge werden Signale der Marktteilnehmer bis zum Sommer erwartet.

«Wir müssen den Marktteilnehmern die Möglichkeit geben, sich beim Preis selbst zu einigen», sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU). Dieser Beschluss sei einstimmig gefasst worden. Milchbauern hatten vor der Konferenz Bedenken gegen derartige Vorschläge geäußert. Sie fürchten, bei Verhandlungen mit den Molkereien den Kürzeren zu ziehen.

Ein «Nanny-Prinzip», wonach die Staaten oder die EU die Verantwortung für die Marktbeteiligten übernehme, lehne er ab, sagte Schmidt. Auch werde es kein Zurück zur Milchquote geben. Schmidt sagte zu, bei der EU Finanzmittel einzuwerben. Das sollten aber in erster Linie Liquiditätshilfen für die Höfe sein. «Eine Reduzierung der Milchmengen finanziell zu unterstützen, halte ich für rechtlich schwierig», sagte er. Aber auch das müsse geprüft werden.

In der EU stünden in diesem Jahr für die Bewältigung von Agrarkrisen 440 Millionen Euro aus dem Agrarhaushalt zur Verfügung. Dieses Geld müsste aber im nächsten Jahr aus dem Topf für Direktzahlungen an die Bauern zurückgezahlt werden, sagte Schmidt. Besser wäre es, wenn im Vorjahr von Mitgliedsstaaten nicht abgerufene Mittel aus dem Haushalt dafür bereitgestellt werden könnten.

Sachsen-Anhalts Agrarminister Hermann Onko Aeikens (CDU) warnte vor einseitigen Reduzierungen der Milchmenge in Deutschland. «Dann besetzen andere unsere Märkte», sagte er und verwies auf Liquiditätshilfen für Milchbauern, die sein Land gewähre. Dazu gehörten Landesbürgschaften und ein Modell, wonach das Land Bauern Grund und Boden abkaufe und an sie zurück verpachte.

Einen Durchbruch hat die Konferenz nach Angaben ihres Vorsitzenden Backhaus in der Gentechnik erreicht. Die Agrarminister seien sich einig, dass Deutschland den Anbau gentechnisch veränderter Organismen verhindern wolle und forderten den Bund auf, dies noch in dieser Legislaturperiode in nationales Recht umzusetzen.

Bei der Frage der Neuzulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat sprachen sich die Agrarminister für einen verringerten Einsatz des Pflanzengiftes aus. Im privaten Bereich habe das Mittel gar nichts zu suchen, sagte Backhaus. Remmel forderte weitere wissenschaftliche Überprüfungen des Mittels. Auch über eine weitere Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung seien sich die Länderminister einig geworden, erklärte Backhaus. 
dpa
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