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28.02.2014 | 07:28 | Konservenhersteller 

Preise für Sauerkonserven steigen

Bonn - Die Verbraucher werden sich auf steigende Preise für Sauerkonserven (Gurken, Rotkohl, Sellerie, Karotten, Rote Beete) einstellen müssen.

Gurke
(c) proplanta
Zu dieser Einschätzung kommt der Bundesverband der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie in Bonn. Andernfalls droht der Branche mittelfristig eine Abwanderung der arbeitsintensiven Kulturen ins Ausland.

Grund für die Besorgnis erregende Situation ist das Zusammenkommen einer Reihe einzelner wirtschaftlicher und politischer Entwicklungen. Betroffen davon ist die ganze Erzeugerkette vom Anbau bis zum fertigen Konservenglas.

Schon die Ausgangslage ist problematisch. Denn die Landwirtschaft hatte eine schwierige Saison 2013: Durch ein kaltes und nasses Frühjahr gab es große Ernteschäden beim Aufwuchs der Pflanzen (ca. 20%). In der Folge sind durch die Nachsaat bzw. das Nachpflanzen hohe Zusatzkosten entstanden. Trotz des Nachbaus der Pflanzen war die Ware knapp. Der Anbau in Deutschland lag um 15-20 % deutlich unter den Vorjahren.

Aufgrund vorverhandelter Kontrakte und geringer Erntemengen war der Gurkenanbau für viele Landwirte im Jahr 2013 ein Minusgeschäft. Ein Teil der Landwirte wird nach betriebswirtschaftlichem Kalkül daher im Jahr 2014 auf alternative und risikoärmere Kulturen ausweichen, so dass Gurken auch im Jahr 2014 in Deutschland knapp bleiben dürften.

Witterungsbedingten Anbaurisiken wirken sich heute im globalen Einkauf deutlich stärker auf die Kostensituation der Unternehmen aus. Denn eine Verknappung der Rohware beeinflusst im internationalen Geschäft die Vertrags- und Liefertreue der Lieferanten und damit die Preise. Zunehmende Spekulationen treiben zudem tendenziell die Wechselkursrisiken. Und schließlich führen immer komplexere Importvorschriften zu einem Risikoanstieg in der Beschaffung.

Die politischen Rahmenbedingungen in Deutschland bergen außerdem noch weitere Gefahren:

Jährlich weiter steigende Energiepreise, vor allem für Strom, belasten das Betriebsergebnis aller deutschen verarbeitenden Betriebe. Allein die Stromnebenkosten wie z. B. die EEG-Umlage stiegen seit mehreren Jahren unaufhörlich auf inzwischen ca. 6 Cent/kWh. Insgesamt machen die Stromnebenkosten inzwischen mehr als zwei Drittel des Strompreises aus. Dies verschafft der Gemüseerzeugung in Deutschland einen nicht unerheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Ländern in der EU.

Die Tariflöhne, die die im Arbeitgeberverband organisierten Unternehmen an ihre Mitarbeiter zahlen, haben sich kontinuierlich zwischen 2,5 % und    3 % weiterentwickelt. Außertarifliche Lohnsteigerungen mit Blick auf die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns sowie steigende Bürokratie und Sozialversicherungsrisiken bei der Rekrutierung der Erntehelfer führen zu weiteren Kosten- und Lohnkostensteigerungen, die sich gerade bei    arbeitsintensiven Kulturen wie z. B. den Gurken mit einem deutlichen Kostenhebel auswirken. Allein die Anpassung an den angekündigten gesetzlichen Mindestlohn kann - je nach Ausgangslage - zu Kostensteigerungen bis zu 30 % führen.

Weiterhin laufen die Kosten für die betrieblichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Lebensmittelsicherheit allmählich aus dem Ruder. So gestaltet sich die branchentypische Zertifizierung nach IFS jedes Jahr aufwendiger, weil ständig neue Anforderungen an die Unternehmen gestellt werden. Zudem steigen die Überwachungskosten aufgrund einer starken Zunahme der Zahl separater Audits. Die Zertifizierungsformen für die Landwirtschaft (Global Gap, QS, IKP) entwickeln ebenfalls immer höhere Anforderungen.

Schließlich werden die gesetzlichen Anforderungen an den Pflanzenschutz immer restriktiver und teurer.
 
Zusammengefasst sind gesetzliche Anforderungen und Kostenbelastungen an der Grenze angelangt, an der weitere Steigerungen von den typischen mittelständischen Unternehmen der Branche nicht mehr verkraftet werden können. Unterm Strich folgt daraus das reale Risiko, dass Gurkenanbau und -verarbeitung mittelfristig aus Deutschland in Länder mit preiswerteren Lohnstrukturen verlagert werden.

Nicht nur „exportiert“ Deutschland dann Arbeitsplätze und  Wertschöpfung in andere Länder - vermutlich weit über die EU hinaus -, sondern es werden auch die berechtigten Verbraucherwünsche nach Regionalität und Nachhaltigkeit dadurch konterkariert. (bogk)
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