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29.10.2015 | 08:31 | Feldgemüse 2015 

Gemüseernte für Sauerkonserven fällt mager aus

München - Die Ernte von Herbstgemüse wie Weißkraut und Blaukraut, Sellerie und Rote Rüben, das traditionell auch zur Herstellung von feinsauren Delikatessen verarbeitet wird, fällt heuer bis zu 50 Prozent kleiner aus.

Feldgemüseernte Bayern 2015
(c) proplanta
„Für diese Ernteausfälle ist das Wetter verantwortlich“, sagt Josef Apfelbeck, Vorsitzender des Landesverbandes bayerischer Feldgemüsebauer e.V. „Die Kälte im Frühjahr und die Trockenheit im Sommer haben den Aufwuchs stark geschwächt.“ Natürlich gibt es regionale Unterschiede, aber bayernweit ist ein Ernteausfall von 25 bis 50 Prozent zu verzeichnen.

Im Gegensatz zu 2013, wo von der Flutkatastrophe vor allem der bayerische Donauraum betroffen war, hat die ungünstige Witterung heuer nicht nur Bayern, sondern ganz Deutschland und auch Süd- und Osteuropa heimgesucht. In der Beurteilung der aktuellen Situation sind sich Bauern und Verarbeitungsindustrie einig. Auch Stefan Tarnowski, Vorsitzender des Verbandes der Bayerischen Sauerkonserven Industrie e.V., beklagt: „Feinsaure Delikatessen vor allem mit Herbstgemüse werden dieses Jahr knapp, denn nicht nur Bayern, sondern ganz Europa ist von der schlechten Ernte betroffen.“

Die Missernte ist ein weiterer Tropfen in ein bereits bis zum Überlaufen gefülltes Fass – vielleicht einer der letzten, wenn der Lebensmitteleinzelhandel nicht reagiert. Denn seit Jahren ist kein Verlass mehr auf ein gemäßigtes Klima. Die heimischen Landwirte haben fast jedes Jahr mit neuen, extremen Naturphänomenen zu kämpfen. Flutkatastrophen, extreme Trockenheit, Hitze oder Starkregen – letzterer hatte heuer ganze Ansaaten binnen kurzer Zeit einfach wegschwemmt.

Auch die Schäden durch Hagelunwetter nehmen ständig zu. Das erhöht das Risiko und damit die Kosten für Feldgemüse enorm. Um wegen der Trockenheit und der Hitze überhaupt etwas ernten zu können, gehen heuer allein die Kosten für die Bewässerung der Felder in die Tausende. Das ist bei den Preisen, welche vom Handel für das heimische Gemüse gezahlt werden, nicht einkalkuliert.

„Früher waren derartige Extremjahre die Ausnahme und die Mehrkosten konnten in den folgenden normalen Jahren wieder erwirtschaftet werden. Heute sind Ausfälle wegen den extremen Wetterphänomenen fast die Regel. Die Rechnung stimmt auf Dauer nicht mehr“, sagt Josef Apfelbeck.  Wenn der Handel mit der Billigpreispolitik bei Lebensmitteln weitermacht, werden die heimischen Landwirte zum Aufhören gezwungen.

Josef Apfelbeck befürchtet, dass die Schwierigkeiten für die bayerischen Feldgemüsebauern sogar noch größer werden: „Wenn bei den steigenden Lohnkosten der Lebensmittelhandel nicht mehr für das Gemüse bezahlt, wird der heimische Anbau zusammenbrechen“. Für die Bauern ist diese Missernte doppelt schmerzhaft. Denn aufgrund des Mindestlohns sind die Lohnkosten deutlich gestiegen. Einen Ausgleich über höhere Gemüsepreise gibt es bisher nicht. Bereits im Frühjahr hatten die Bauern höhere Preise gefordert, um die höheren Kosten abdecken zu können.

In diesem Jahr stehen die Landwirte wie gewohnt solidarisch zur Verarbeitungsindustrie und liefern ihre knappen Erträge zu den vereinbarten Preisen. Stefan Tarnowski sieht für die bayerischen Firmen keine Möglichkeit, auf andere Anbaugebiete auszuweichen. „Es werden wohl etliche Gläser und Dosen in diesem Jahr leer bleiben“.

Bauern und Sauerkonservenindustrie hoffen, mit Qualität, Frische und kurzen Transportwegen gute Argumente gegen Importe zu haben. Auch reagieren die Verbraucher sehr zurückhaltend, wenn sie erfahren, dass z.B. die Essiggurken nicht aus Bayern, sondern aus Indien oder Vietnam kommen. Ob die Verbraucher mehr fürs Sauerkraut oder für die Roten Rüben im Glas bezahlen müssen, hängt vom Lebensmittelhandel ab.
bbv
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