«Die Abgabepreise der Erzeuger sind derzeit die höchsten der vergangenen zehn Jahre», sagte Agrarexperte Christoph Hambloch von der
Agrarmarkt Informations-Gesellschaft
AMI in Bonn am Montag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Die durchschnittlichen Abgabepreise der Erzeuger gegenüber Packbetrieben, Zwischenhändlern und Einzelhandel hätten sich von etwa 13 bis 15 Euro je 100 Kilogramm im Herbst auf 28 bis 30 Euro je 100 Kilogramm Anfang Mai verdoppelt. Dieser kräftige Preisanstieg sei kein saisonaler Effekt, der jedes Jahr wiederkehre, sondern von Missernten in anderen europäischen Ländern verursacht. In welchem Umfang die deutlich gestiegenen
Erzeugerpreise bei den deutschen Verbrauchern ankommen werden, bleibe abzuwarten.
«2012 gab es enorme Witterungsprobleme in Belgien zur Zeit der Auspflanzung mit viel Regen. Die Briten haben 2012 eine Missernte eingefahren. Die Ernte in Frankreich war auch schwach. Auf dem Balkan hatte die Kartoffelausbeute unter Hitze gelitten. Wir in Deutschland sind gut weggekommen», schilderte Hambloch. Die Erzeugerpreise seien durch die starke Nachfrage im europäischen Ausland in die Höhe gegangen. Vor allem auf den Balkan und nach Großbritannien seien in den vergangenen Monaten größere Mengen an
Speisekartoffeln geliefert worden als sonst.
Der Kartoffelmarkt in der Europäischen Union sei im Unterschied zum
Milchmarkt nicht staatlich reglementiert, das Kräfteverhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmten den Preis in der jeweiligen Saison. In der Vermarktungskette vom heimischen Kartoffelfeld bis zum Kartoffelsack am Gemüsestand im Supermarkt gebe es in der Regel mit dem Erzeuger, Erfassungshändlern, Packbetrieben und dem Einzelhändler bis zu vier Beteiligte.
Aktuell sei auch der sehr lange Winter ein Preistreiber. «In den ersten März-Tagen hatten die Landwirte in Deutschland mit dem Auspflanzen der
Frühkartoffeln begonnen, das wegen Frost und Regen aber wieder eingestellt wurde. Dann ging es erst nach Ostern Anfang April bis zu vier Wochen verspätet richtig los», sagte der Experte. Deshalb seien in der ersten Juni-Hälfte wenig Frühkartoffeln aus deutschem Anbau zu erwarten.
Außerdem sei das Angebot an Frühkartoffeln aus Spanien geringer, weil ein Teil der Ernte durch langanhaltende Regenfälle verfault sei. In Polen sorge der lange Winter ebenfalls für ein knappes Angebot an Frühkartoffeln. Alles zusammen führe dazu, dass Lager- und Importkartoffeln länger reichen müssten. «Im Laufe des Winters ist die Erkenntnis gereift, dass man am Ende mit den Kartoffeln haushalten muss», sagte der Experte. Importkartoffeln seien in den vergangenen Wochen immer teurer geworden. Eine solche Entwicklung gebe es selten. (dpa)