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24.01.2013 | 14:13 | Genpflanzenanbau 

Kein Anbau von Gentechnik-Pflanzen in Europa

Aachen - In der EU werden vorerst keine weiteren gentechnisch veränderten Pflanzen für den Anbau zugelassen.

Genpflanzenanbau
(c) proplanta
Die EU-Kommission will alle entscheidungsreifen Zulassungsverfahren bis zum Ende ihrer Amtszeit 2014 einfrieren, erklärte ein Sprecher des neuen Verbraucherschutzkommissars Tonio Borg gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Damit schreibt die Kommission den politischen Stillstand der europäischen Gentechnik-Politik fest.

Borg wolle die Zeit nutzen, einen neuen Anlauf zu unternehmen, um mit den EU-Mitgliedsstaaten Lösungen zu finden, so sein Sprecher. Borgs Vorgänger John Dalli, der im Herbst unter bisher nicht eindeutig geklärten Umständen zurücktreten musste, war mit seinem Plan gescheitert, die Entscheidung über den Anbau von gv-Pflanzen den einzelnen Mitgliedsstaaten zu überlassen und so die seit Jahren andauernde politische Blockade in der europäischen Gentechnik-Politik zu überwinden.

Wenn nun die Kommission die Anbau-Zulassungsverfahren auch offiziell einfriert, schreibt sie damit den gegenwärtigen Status quo fest. Abstimmungen über Zulassungen von gv-Pflanzen finden seit Jahren keine qualifizierte Mehrheit unter den Mitgliedsstaaten, so dass die Kommission auf Basis der wissenschaftlichen Sicherheitsbewertung über die Zulassung entscheiden muss. Auf diesem Weg hat sie den Import von zahlreichen gv-Pflanzen und ihre Verwendung als Lebens- und Futtermittel genehmigt, aber bis auf die Stärkekartoffel Amflora 2010 keine gv-Pflanze für den Anbau.

Derzeit könnte die EU-Kommission für fünf gv-Maislinien (Bt11, Nk603, TC1507, GA21, MON88017) und für herbizidresistente gv-Sojabohnen (RoundupReady, GTS 40-3-2) den Entscheidungsprozess für die Zulassung zum Anbau in der EU einleiten. Hinzu kommt die gesetzlich fällige Neuzulassung für den MON810-Mais. Für diese gv-Pflanzen hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ihre Sicherheitsbewertung abgeschlossen. In allen Fällen waren die wissenschaftlichen Gremien zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die gv-Pflanzen in der Umwelt genau so verhalten wie vergleichbare konventionelle Pflanzen und die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährden.

Für den Anbau von gv-Pflanzen in der EU ändert sich mit dem Einfrieren der Verfahren nichts. Ohne eine Entscheidung über eine Neu-Zulassung bleibt die alte, bereits 1998 erteilte Zulassung für den MON810-Mais in Kraft. Länder wie Spanien und Portugal können ihn weiter auf größeren Flächen anbauen. Andere Mitgliedsstaaten wie Deutschland oder Frankreich dürfen ihre nationalen Anbauverbote aufrecht erhalten. Obwohl die EFSA die wissenschaftlichen Begründungen für diese Verbote mehrfach als unzutreffend zurückgewiesen hat, fehlt es in der EU an politischen Mehrheiten, um diese Länder zu zwingen, ihre Verbote aufzugeben.

Neue gv-Pflanzen, etwa Mais mit einer Resistenz gegen den in Südosteuropa verbreiteten Maiswurzelbohrer, einen aus den USA eingeschleppten Schädling, bleiben in Europa verboten. Auch den Anbau von gv-Sojabohnen, auf den einige Landwirte in Rumänien warten, wird es vorerst nicht geben.

Aktueller Nachtrag: Inzwischen hat der Sprecher von Kommissar Borg präzisiert, die Kommission wolle "in den nächsten Wochen" keine Anbauzulassung für gv-Pflanzen erteilen. Die über die Nachrichtenagentur AFP verbreitete Meldung, alle Verfahren würden bis bis 2014 eingefroren, bestätigte er nicht. Zunächst wolle Borg "neue Handlungsspielräume" bei nationalen Anbauverboten für gv-Pflanzen ausloten. (TransGen)
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