Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
18.12.2011 | 09:04 | Wirtschaftskrise 

Die fünf größten Risiken für die Weltwirtschaft

Berlin/Washington - In düsteren Farben malt die IWF-Chefin die Gefahr einer globalen Wirtschaftskrise an die Wand.

Eurokrise
Vor allem fünf Risiken könnten der Weltkonjunktur schweren Schaden zufügen: die Schuldenkrisen in Europa und den USA, die schrumpfende Wirtschaftskraft Chinas, eine sich weiter verschärfende Bankenkrise und das heftig umstrittene Gegengift Protektionismus.


Schuldenkrise in Europa

Hier sieht Christine Lagarde das größte Risiko für die Weltkonjunktur. In einigen OECD-Staaten könne die Wirtschaft um bis zu fünf Prozent einbrechen - die Folgen für Arbeitsmärkte und Staatshaushalte könnten verheerend sein. Mühsam zusammengeschusterte Sparprogramme könnten unter schlechteren Vorzeichen hinfällig werden.

Zinsen für Staatsanleihen könnten kräftig steigen, was Schuldenstaaten noch stärker in Bedrängnis bringen könnte: Denn Italien etwa braucht schon bald viel frisches Geld, um seine Schulden zu bedienen. Im Januar und Februar muss das Land 68 Milliarden Euro zurückzahlen.

Gerade die deutsche Wirtschaft ist unmittelbar mit den anderen Euro-Staaten verknüpft: Fast eine Million Arbeitsplätze in Deutschland hängen einer Studie zufolge vom Export in die Krisenländer Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien ab.


China

Längst ist die Weltkonjunktur entscheidend von China abhängig. Das Riesenreich trägt mehr als ein Viertel zum globalen Wachstum bei. Jahrelang lieferte China märchenhafte Wachstumsraten im zweistelligen Bereich, doch jetzt ist der Wachstumsmotor ins Stottern gekommen. Chinesische Experten rechnen für 2012 nur noch mit einem Plus von 8,5 Prozent, 0,7 Prozentpunkte weniger als zuletzt. Wegen hoher Inflation, spekulativ aufgeblähter Preise zum Beispiel bei Immobilien, fauler Kredite und leerer öffentlicher Kassen hat wachsende Sorge längst die Euphorie früherer Jahre abgelöst.

Schlechte Nachrichten aus China kann die angeschlagene Eurozone überhaupt nicht brauchen - sie muss auf fernöstliche Kaufkraft und Investitionen setzen. Immerhin ist eine geringere Nachfrage aus China gut für die Rohstoffmärkte, wo die Preise nicht mehr so stark ansteigen dürften. Klar ist jedenfalls: Sollte es eine weitere Rezession geben, kann China die Welt nicht noch einmal retten. Ein weiteres, milliardenschweres Konjunkturprogramm wie nach 2008 ist nicht mehr drin.


Schuldenkrise in den USA

Sollte sich die US-Schuldenkrise wieder zuspitzen, wären die Folgen unabsehbar - für die Konjunktur und die Lage auf den Finanzmärkten. Scheinbar paradox, dass selbst die geplanten Sanierungsschritte der US-Regierung eine Gefahr darstellen: «Sollte kein Weg gefunden werden, die Sparmaßnahmen abzumildern, die per Gesetz ab 2013 greifen, könnte das die Wirtschaft in eine Rezession stürzen, die durch politische Mittel kaum noch aufzufangen wäre», warnt die OECD.


Bankenkrise

Viele große Banken brauchen schnellstens Eigenkapital, damit sie kommenden Stürmen standhalten können - so viel ist sicher. Unabsehbar wären die weltweiten Folgen, wenn eine internationale Großbank wie einst Lehman Brothers zusammenbrechen würde. Das Misstrauen der Institute untereinander ist jedenfalls wieder beträchtlich. Lieber parken Banken große Summe für Mini-Zinsen bei den Zentralbanken, als es den Konkurrenten zu leihen - eine große Gefahr für den Finanzkreislauf.

Um stabil zu werden, müssen Großbanken dem neuen europäischen Banken-Stresstest zufolge mindestens 115 Milliarden Euro einsammeln, IWF-Chefin Lagarde sprach bereits von 200 Milliarden. Gut möglich, dass Banken die Kreditvergabe deshalb immer stärker einschränken - eine Kreditklemme könnte angeschlagenen Unternehmen den Rest geben.


Protektionismus

Es ist ein altes Phänomen: Wenn die Lage bedrohlich wird, reagieren Staaten mit wirtschaftspolitischem Egoismus. Ziehen Regierungen immer höhere Handelshemmnisse zum Schutz ihrer heimischen Märkte hoch, spricht man von Protektionismus. Typische Maßnahmen sind Zölle, Einfuhrbeschränken, alle möglichen Arten von Vorschriften für fremde Produkte und Subventionen für heimische Unternehmen.

Dem Kampf gegen solche Handelshürden hat sich die Doha-Runde der WTO-Mitglieder verschrieben, die aber seit mehr als einem Jahrzehnt auf der Stelle tritt.

Über den Sinn und Unsinn von Protektionismus reden sich Ökonomen seit der «Großen Depression» in den 30er Jahren die Köpfe heiß. Dass der Welthandel damals durch Handelshemmnisse noch zusätzlich stranguliert wurde, ist heute aber allgemein anerkannt. China jedoch wäre ohne die Abschottung seiner unterentwickelten Wirtschaft niemals zur Weltmacht aufgestiegen. Aktuell beharken sich die USA und China mit Zöllen auf Autos beziehungsweise Reifen und Solarzellen.

Insgesamt, so rechnet Lagarde vor, koste Protektionismus die Weltwirtschaft 800 Milliarden Dollar im Jahr. (dpa)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Bei Bosch kriselt es

 Weltwirtschaft droht laut Studie durch Klimafolgen stark zu schrumpfen

  Kommentierte Artikel

 Wut und Wahlen 2024: Die zunehmend mächtige Gruppe der Nichtwähler

 NRW-OVG verhandelt Streit um ein paar Gramm Wurst zu wenig

 Ruf nach Unterstützung der Imker

 Kein kräftiger Aufschwung in Sicht - Wirtschaftsweise für Pkw-Maut

 Schutz vor Vogelfraß durch Vergrämung?

 Globale Rekord-Weizenernte erwartet

 Immer mehr Tierarten sorgen in Thüringen für Ärger

 Größere EU-Getreideernte erwartet

 Bedarf an hofeigenen KI-Wetterfröschen wächst rasant

 Was will die CDU in ihrem neuen Programm?