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08.02.2011 | 16:28 | Hiobsbotschaft für alten Holzkonzern  

Boom bei Holzheizungen bringt Pfleiderer in Bedrängnis

Neumarkt/Opf - Drückende Rohstoffkosten, hohe Schulden und eine Aktie im Sinkflug: Pfleiderer befindet sich schon lange in Schieflage.

Holzkonzern
Am Dienstag gab es eine neue Hiobsbotschaft:

Bei dem 117 Jahre alten Holzkonzern Pfleiderer brennt es. Das für 2010 erwartete Minus wird so dramatisch ausfallen, dass das Unternehmen seine Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung einladen muss. Denn die tiefroten Zahlen werden bei der AG die Rücklagen und mehr als die Hälfte des 150 Millionen Euro umfassenden Grundkapitals verbrennen. Auch wenn noch keine konkreten Zahlen genannt wurden, summa summarum dürfte sich der Fehlbetrag bei der Gesellschaft für das vergangene Jahr auf 300 Millionen Euro summieren.

Die Schieflage ist auch eine Folge des veränderten Marktes bei Pfleiderers wichtigstem Rohstoff - dem Holz. Rund um das Stammwerk im oberpfälzischen Neumarkt gibt es meistens imposante Berge von Baumstämmen und Brettern zu bestaunen. Das Unternehmen, einst als Holzhandel gegründet, fertigt daraus Laminatfußböden oder Spanplatten, die von Möbelherstellern benötigt werden.

Doch Holz ist inzwischen alles andere als ein billiger Werkstoff, die Preise steigen seit Jahren. Hausbesitzer, die mit dem Energieträger Holz heizen wollen, sorgen für die Nachfrage. Immer öfter werden in Deutschlands Wohnungen Holzöfen verbaut - vom schlichten Schwedenofen bis zur komplexen Pellet-Zentralheizung. Auch die Diskussion um den Klimawandel hat zu dem Boom geführt. Denn das begehrte Brennmaterial setzt beim Verbrennen nur so viel Treibhausgas Kohlendioxid frei, wie der Baum zuvor beim Wachstum aufgenommen hat.

Pfleiderer und andere holzverarbeitende Unternehmen schlugen deshalb im vergangenen Jahr Alarm und organisierten einen Aktionstag gegen das zunehmende Verbrennen von Holzscheiten oder gepressten Holzbriketts. «Der vielfältig einsetzbare Rohstoff Holz ist viel zu kostbar, um nur verheizt zu werden», formulierte es Pfleiderer-Boss Hans Overdiek.

Dem im SDAX notierten Unternehmen mit seinen 5.600 Mitarbeitern macht somit nun die selbst vorangetriebene Fokussierung auf das klassische Holzgeschäft zu schaffen. Im vergangenen Jahrzehnt hatte das Unternehmen andere Bereiche, beispielsweise die Produktion von Dämmstoffen oder Beton-Schwellen für Bahnstrecken, abgestoßen.

Dazu kommt nun eine drückende Nettoverschuldung von zuletzt mehr als 900 Millionen Euro und eine Pfleiderer-Aktie, die sich seit etwa fünf Jahren im Sinkflug befindet. Die Zeiten, in denen das Papier über der 25-Euro-Marke stand, sind längst vorbei. Aktuell wird die Aktie mit etwa 1,70 Euro gehandelt.

In diesem Umfeld gedeihen bereits seit Monaten Spekulationen über die bevorstehende Pleite. Doch Vorstandschef Overdiek wollte bislang davon überhaupt nichts wissen. Sein Fazit zur Lage des Konzerns lautete noch im November: «Definitiv nicht insolvenzgefährdet!»

Auch am Dienstag sah er schon wieder einen Hoffnungsschimmer am Horizont: «Die bisher eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen zeigen erste Erfolge.» Zum Jahresbeginn 2011 habe Pfleiderer nun auch deutliche Preiserhöhungen für die produzierten Platten durchsetzen können. Zudem soll der Jahresumsatz 2010 mit einer Steigerung von acht Prozent allenfalls knapp die Zielmarke von 1,5 Milliarden Euro verfehlen.

Dennoch gab es in den vergangenen Wochen unübersehbare Zeichen für die dramatische Lage des Unternehmens. Im Aufsichtsrat gaben gleich mehrere Mitglieder ihren Rückzug bekannt. Ende Januar trennte sich der Vorstand dann auch von seinem Pressesprecher. Es gebe «unterschiedliche Vorstellungen zur Unternehmenskommunikation», hieß es zur Begründung. (dpa)
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