Das vom Agrardialog Milch ausgearbeitete Finanzierungskonzept zu Gunsten der Rohmilcherzeuger sei «kartellrechtlich nicht zulässig», sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt am Dienstag in Bonn. Ausdrücklich bemängelten die Wettbewerbshüter, dass bei dem Konzept der
Milcherzeuger Nachhaltigkeitsaspekte keine Rolle spielten.
«Im Kern geht es um die Verabredung von Preisaufschlägen, die über die Lieferkette bis zum Milchregal durchgereicht werden», erklärte der Chef der Aufsichtsbehörde. Nach Auffassung der Milcherzeuger seien die Preisaufschläge notwendig, da die Milchpreise nicht angemessen und kostendeckend seien.
Konkret sah das Modell des Agrardialogs eine nachträgliche Preisstabilisierung des vertraglichen «Milchgelds» für die landwirtschaftlichen Erzeuger vor. Dafür sollten die durchschnittlichen Kosten der
Milcherzeugung für landwirtschaftliche
Betriebe branchenweit ermittelt werden und den Ausgangspunkt für einheitliche Aufschläge auf den Milch-Grundpreis bilden. Als bindender Bestandteil in den Verträgen zwischen Erzeugern,
Molkereien und
Lebensmitteleinzelhandel sollten die Aufschläge laufend angepasst werden.
Dies ging dem Bundeskartellamt jedoch deutlich zu weit. «Gemeinwohlziele wie
Nachhaltigkeit sind rechtlich anerkannt. Aber das wirtschaftliche Interesse an einem höheren Einkommensniveau kann für sich genommen keine Freistellung solch einer Vereinbarung rechtfertigen», sagte Mundt.
Nachhaltigkeitsaspekte spielten bei dem Finanzierungsmodell keine Rolle, kritisierten die Wettbewerbshüter. Konkrete Produktionskriterien für die
Rohmilch mit Blick auf Nachhaltigkeitsaspekte sehe das Konzept nicht vor.
Wegen der angestrebten branchenweiten Geltung des Projekts wäre das vorgestellte Modell nach Einschätzung der Wettbewerbshüter auf eine flächendeckende Erhöhung der Milchpreise hinausgelaufen. Damit würden zukünftig gerade die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Milch und Milchprodukte im Lebensmitteleinzelhandel kaufen, die Möglichkeit einbüßen, auf günstigere Alternativangebote auszuweichen.
«Grundsätzlich ermuntern und unterstützen wir landwirtschaftliche Erzeuger, die mit Kooperationen ihre Position stärken wollen oder Nachhaltigkeitsziele verfolgen», sagte Mundt. Deutsches und europäisches
Kartellrecht stehe dem nur in den seltensten Fällen entgegen.
«Wenn hingegen Preisbestandteile abgesprochen werden, sind die Grenzen des Kartellrechts klar überschritten.» Der Agrardialog habe aber jederzeit die Möglichkeit, der Wettbewerbsbehörde ein Nachhaltigkeitskonzept vorzulegen, das nicht auf eine
Preisabsprache zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher zurückgreife.