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15.04.2024 | 08:07 | Lieferkettengesetz 
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Entwaldungsfreie Lieferketten: EU-Kommission zur Klärung aufgefordert

Genk / Brüssel / Hannover - Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir erwartet von der Europäischen Kommission bei der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten schnelle Klarheit.

Lieferketten
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Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir erwartet von der Brüsseler Behörde, dass sie bis Ende April das sogenannte „Benchmarking“ abschließt. (c) proplanta
Das hat der grüne Ressortchef am Rande des informellen Agrarratstreffens am Dienstag (9.4.) im belgischen Genk deutlich gemacht. Die Brüsseler Behörde müsse „bis Ende des Monats“ das sogenannte „Benchmarking“ abschließen.

Wie ein Sprecher der Kommission gegenüber AGRA Europe klarstellte, bedeutet dies, dass neben den Drittstaaten, auf die die ab 2025 in Kraft tretende Verordnung eigentlich abzielt, auch alle EU-Staaten in die drei Kategorien mit „niedrigem, mittleren oder hohem Risiko“ eingestuft werden müssen. Standardmäßig würden dem Sprecher zufolge alle EU-Länder in die mittlere Kategorie fallen. Werde jedoch nach entsprechender Prüfung ein höheres Risiko identifiziert, so könnten einzelne Länder auch als Hochrisiko-Gebiete eingestuft werden.

Nicht überziehen

Genau dagegen verwahrte sich nun Minister Özdemir. Er stellte klar, dass Deutschland kein Land mit einem hohen Entwaldungsrisiko sei. Eine derartige Einstufung wäre aus Sicht des Grünen-Politikers ein „Schildbürgerstreich“. Nachdrücklich unterstrich der Ressortchef die Auffassung, dass in der Bundesrepublik das Risiko von Entwaldung auch aus wissenschaftlicher Sicht als niedrig einzustufen sei. Zugleich warnte er die Kommission davor, bei dem eigentlich wichtigen Anliegen deutlich zu überziehen. Dies sei bereits bei dem Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) schiefgegangen. Sollten die Probleme nicht schnell gelöst werden, müsse der Beginn der Anwendung verschoben werden.

„Ein Bürokratiemonster“

Für das Landvolk Niedersachsen ist die EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR) ein „Bürokratiemonster“. Der Landesbauernverband befürchtet, dass künftig der Nachweis erbracht werden muss, dass nur noch bestimmte Produkte, die ohne Entwaldung und gemäß der Gesetze des Ursprungslandes produziert wurden, auf dem EU-Markt gehandelt und weiterverarbeitet werden.

Laut Landvolk soll die Verordnung laut aktuellem Stand ab dem 30. Dezember 2024 für Betriebe ab 50 Beschäftigte in Kraft treten, für kleine Unternehmen mit maximal 49 Beschäftigten ab dem 1. Juli 2025. Demnach wären in Deutschland rund 127.000 rinderhaltende Betriebe - davon 50.500 Milchvieh- und Mutterkuhhalter - sowie die gesamte Forstwirtschaft und der Sojaanbau betroffen. Martin Lüking, Vorsitzender im Rindfleischausschuss des Landvolks, warnte davor, dass den Tierhaltern noch mehr Nachweispflichten aufgebürdet werden könnten.

Testphase mit „eklatanten Schwächen“

Bisher haben laut Darstellung des Landvolks nur neun EU-Mitgliedsstaaten eine Kontroll- beziehungsweise Umsetzungsbehörde benannt. Das Informationssystem der Europäischen Kommission habe in einer kürzlich beendeten Testphase „eklatante Schwächen“ aufgewiesen. Außerdem werde das Länder-Benchmarkingsystem, das eine vereinfachte Sorgfaltspflichtenerklärung zulassen würde, nicht fristgerecht zum Jahresende fertig. Zudem seien die unterstützenden Dokumente der Kommission lückenhaft, moniert der Landesbauernverband. Gleichzeitig stehe der Entwurf des Durchführungsgesetzes für Deutschland noch aus.

Das Landvolk fordert daher „dringend das Verschieben des Anwendungsbeginns“. Begrüßt wird dahingehend die Unterstützung des Bundeslandwirtschaftsministers. Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies erklärte derweil: „Wir werden die Anwendungslösungen für Rind, Holz und Soja im Auge behalten“.
AgE
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Kommentare 
agricola pro agricolas schrieb am 15.04.2024 08:29 Uhrzustimmen(16) widersprechen(0)
Man verwaltet hier in unseren Amtsstuben die deutsche Landwirtschaft zu Tode. Daher geht hierzulande auf unseren Höfen mehr und mehr das Licht aus.

Wann endlich harmonisieren wir die eingeforderten Qualitätsstandards auch für Erzeugnisse, die auf unseren EU-Binnenmarkt geschwemmt werden!? Sektorenübergreifend! - Alles andere ist Harakiri as its best!

Die nicht selten sofort spürbaren Weichenfehlstellungen in Reihen der EU-Kommission sind mittlerweile alles andere als das kleine Stürmchen im Wasserglas - man vernichtet in exorbitanter Art und Weise Bauernhöfe, gerade auch hier in Deutschland, ohne sich der weitreichenden Konsequenzen kurz- bis mittelfristig überhaupt bewusst zu sein; ...und das in sehr rauen Zeiten weltweiter geopolitischer Verwerfungen, die noch immer auf eine zielführende Befriedung warten müssen.

Fazit: Wenig bis nix dazugelernt!
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